Karma - Moses

Karma - Moses


Wenn der Mensch durchgegangen ist durch die Pforte des Todes und durchlebt hat jene Zeit, in welcher er Rückschau halten kann auf das bisherige Erdenleben, durchlebt hat die Zeit bis zu dem Punkt, da er den Ätherleib abgelegt hat, wenn der Mensch übergeht in die Kamaloka-Zeit, dann tritt er vor zwei Gestalten hin, allerding gilt das nur für die Menschen des Abendlandes und für alle diejenigen Menschen, welche mit der Kultur dieses Abendlandes in den letzten Jahrtausenden einen Zusammenhang gehabt haben. Da tritt der Mensch nach seinem Tode zwei Gestalten gegenüber: Moses ist die eine – der Mensch weiß ganz genau, daß er Moses gegenübertritt –, der ihm vorhält die Gesetzestafeln, im Mittelalter nannte man es «Moses mit dem scharfen Gesetz», und der Mensch hat ganz genau in seiner Seele das Bewußtsein, inwiefern er bis in das Innerste seiner Seele abgewichen ist von dem Gesetz. Die andere Gestalt ist diejenige, die man nennt «den Cherub mit dem feurigen Schwert», der da entscheidet über diese Abweichung. Das was da dem Menschen gegenübertritt durch diese zwei Gestalten stellt gewissermaßen das karmische Konto fest. Diese Tatsache geht in unserer Zeit einer Änderung entgegen: Es wird in unserem Zeitalter der Christus der Herr des Karma für alle diejenigen Menschen, die das eben Besprochene nach ihrem Tode durchgemacht haben. Es tritt der Christus sein Richteramt an. Nehmen wir an, irgendein Mensch hätte dieses oder jenes Böse getan, so muß er ein Gutes tun, welches ausgleicht das Böse. Aber dieses Gute, das kann er in zweifacher Weise tun, so daß es vielleicht für ihn die gleiche Anstrengung bedeutet, wenn es nur wenig Menschen zugute kommt oder so, daß es für ihn die gleiche Anstrengung bedeutet, wenn es vielen Menschen zum Heile gereicht. Daß unser karmisches Konto in der Zukunft so ausgeglichen wird, das heißt in eine solche Weltordnung hineingestellt wird gegen die Zukunft, wenn wir den Weg zum Christus gefunden, daß die Art unseres karmischen Ausgleichs das größtmöglichste Menschenheil für den Rest der Erdentwickelung hervorrufe, das wird die Sorge Christi sein. Mit dieser Übertragung des Richteramtes über die menschlichen Taten an den Christus ist aber verknüpft, daß dieser Christus auch unmittelbar eingreift in die menschlichen Geschicke.

GA 130 - Seite 165f

Christus & Auferstehung

Christus & Auferstehung


So wie diejenigen, die Zeitgenossen des Mysteriums von Golgatha waren, Jahrhunderte danach zum vollen Verständnisse kamen des Mysteriums von Golgatha, so erleben wir eine Art von Spiegelbild, bevor wir geboren werden, und zwar Jahrhunderte, bevor wir geboren werden. Das gilt aber nur für die heutigen Menschen. Die heutigen Menschen tragen alle, indem sie hereingeboren werden in die physische Welt, etwas mit, was wie ein Abglanz ist des Mysteriums von Golgatha, wie ein Spiegelbild desjenigen, was man Jahrhunderte nach dem Mysterium von Golgatha in der geistigen Welt erlebte. Nun, diesen Impuls kann natürlich derjenige, der nicht übersinnlich schauen kann, nicht unmittelbar schauen, aber alle können die Wirkung dieses Impulses in sich erleben. Und wenn sie ihn erleben, dann finden sie die Antwort auf die Frage: Wie finde ich den Christus? Dazu ist folgendes Erleben notwendig. Man findet den Christus, wenn man folgende Erlebnisse hat. Erstens das Erlebnis, daß man sich sagt: Ich will so weit Selbsterkenntnis anstreben, als es mir möglich ist, nach meiner ganz individuellen menschlichen Persönlichkeit möglich ist. - Keiner, der ehrlich diese Selbsterkenntnis anstrebt, wird sich anderes heute als Mensch sagen können als: Ich kann das nicht fassen, was ich eigentlich anstrebe. Ich bleibe mit meiner Fassungskraft hinter dem, was ich anstrebe, zurück; ich empfinde meine Ohnmacht gegenüber meinem Streben. - Es ist dieses Erleben ein sehr wichtiges. Dieses Erleben müßte jeder haben, der ehrlich mit sich selbst, in Selbsterkenntnis zu Rate geht: ein ge- wisses Ohnmachtsgefühl. Dieses Ohnmachtsgefühl ist gesund, denn dieses Ohnmachtsgefühl ist nichts anderes, als das Empfinden der Krankheit, und man ist ja erst recht krank, wenn man eine Krankheit hat und sie nicht fühlt. Indem man die Ohnmacht empfindet, sich zum Göttlichen zu erheben in irgendeinem Zeitpunkte seines Lebens, fühlt man in sich jene Krankheit, von der ich gesprochen habe, die uns eingepflanzt ist. Und indem man diese Krankheit empfindet, empfindet man, daß die Seele durch unseren Leib eigentlich, so wie der Leib heute ist, verurteilt wäre mitzusterben. Dann, wenn man genügend kräftig diese Ohnmacht empfindet, dann kommt der Umschlag. Dann kommt das andere Erlebnis, das uns sagt: Aber wir können, wenn wir uns nicht an dasjenige hingeben, was zu erreichen wir durch unsere Leibeskräfte allein imstande sind, wir können, wenn wir uns hingeben an dasjenige, was uns der Geist gibt, überwinden diesen innerlichen Seelentod. Wir können die Möglichkeit haben, unsere Seele wiederzufinden und an den Geist anzuknüpfen. Wir können erleben die Nichtigkeit des Daseins auf der einen Seite und die Verherrlichung des Daseins aus uns selber, wenn wir hinüberkommen über das Spüren der Ohnmacht. Wir können die Krankheit spüren in unserer Ohnmacht, wir können [aber auch] den Heiland, die heilende Kraft spüren, wenn wir die Ohnmacht [erlebt haben], dem Tode verwandt geworden sind in unserer Seele. Indem wir den Heiland spüren, fühlen wir, daß wir etwas in unserer Seele tragen, das aus dem Tode jederzeit auferstehen kann im eigenen inneren Erleben. - Wenn wir diese zwei Erlebnisse suchen, finden wir in unserer eigenen Seele den Christus. Das ist ein Erlebnis, dem die Menschheit entgegengeht. Angelus Silesius sagte es, als er die bedeutungsvollen Worte sprach:
Das Kreuz von Golgatha kann dich nicht von dem Bösen,
Wo es nicht auch in dir wird aufgericht't, erlösen.
Es kann im Menschen aufgerichtet werden, indem er die zwei Pole fühlt: die Ohnmacht durch sein Leibliches, die Auferstehung durch sein Geistiges.

Der Tod als Lebenswandlung
GA 182 - Seite180f

Hürden der Geisterkenntnis

Hürden der Geisterkenntnis

Doch du mußt den Abgrund achten;
Sonst verschlingen seine Tiere
Dich, wenn du an mir vorübereilt'st;
Sie hat deine Weltenzeit in dir
Als Erkenntnisfeinde hingestellt.
Schau das erste Tier, den Rücken krumm,
Knochenhaft das Haupt, von dürrem Leib,
Ganz von stumpfem Blau ist seine Haut;
Deine Furcht vor Geistes-Schöpfer-Sein
Schuf das Ungetüm in deinem Willen;
Dein Erkenntnismut nur überwindet es.
Schau das zweite Tier, es zeigt die Zähne
Im verzerrten Angesicht, es lügt im Spotten,
Gelb mit grauem Einschlag ist sein Leib;
Dein Haß auf Geistes-Offenbarung
Schuf den Schwächling dir im Fühlen;
Dein Erkenntnisfeuer muß ihn zähmen.
Schau das dritte Tier, mit gespaltnem Maul,
Glasig ist sein Auge, schlaff die Haltung,
Schmutzigrot erscheint dir die Gestalt;
Dein Zweifel an Geistes-Licht-Gewalt
Schuf dir dies Gespenst in deinem Denken;
Dem Erkenntnisschaffen muß es weichen.
Erst wenn die drei von dir besiegt,
Werden Flügel deiner Seele wachsen,
Um den Abgrund zu übersetzen,
Der dich trennet vom Erkenntnisfelde,
Dem sich deine Herzenssehnsucht
Heilerstrebend weihen möchte.





Der Hüter spricht:
Doch du mußt den Abgrund achten;
Sonst verschlingen seine Tiere
Dich, wenn du an mir vorübereilt'st;
Sie hat deine Weltenzeit in dir
Als Erkenntnisfeinde hingestellt.
Schau das erste Tier, den Rücken krumm,
Knochenhaft das Haupt, von dürrem Leib,
Ganz von stumpfem Blau ist seine Haut;
Deine Furcht vor Geistes-Schöpfer-Sein
Schuf das Ungetüm in deinem Willen;
Dein Erkenntnismut nur überwindet es.
Schau das zweite Tier, es zeigt die Zähne
Im verzerrten Angesicht, es lügt im Spotten,
Gelb mit grauem Einschlag ist sein Leib;
Dein Haß auf Geistes-Offenbarung
Schuf den Schwächling dir im Fühlen;
Dein Erkenntnisfeuer muß ihn zähmen.
Schau das dritte Tier, mit gespaltnem Maul,
Glasig ist sein Auge, schlaff die Haltung,
Schmutzigrot erscheint dir die Gestalt;
Dein Zweifel an Geistes-Licht-Gewalt
Schuf dir dies Gespenst in deinem Denken;
Dem Erkenntnisschaffen muß es weichen.


Erst wenn die drei von dir besiegt,
Werden Flügel deiner Seele wachsen,
Um den Abgrund zu übersetzen,
Der dich trennet vom Erkenntnisfelde,
Dem sich deine Herzenssehnsucht
Heilerstrebend weihen möchte.


Das, meine lieben Freunde, sind die drei großen Erkenntnisfeinde der Gegenwart, des gegenwärtigen Menschen. Der gegenwärtige Mensch hat Furcht vor des Geistes Schöpfer-Sein. Die Furcht sitzt tief unten im Seelendasein. Und er möchte diese Furcht hinwegtäuschen. Da kleidet er seine Furcht in allerlei scheinlogische Gründe, durch die er die Offenbarung des Geistigen widerlegen möchte. Ihr werdet hören, meine lieben Freunde, von dieser oder jener Seite gegen die Geist-Erkenntnis dies oder jenes eingewendet. Es ist zuweilen in kluge, zuweilen in schlaue, zuweilen in törichte logische Regeln gekleidet. Niemals sind aber eigentlich die logischen Regeln die Gründe, warum der eine oder der andere die Geist- Erkenntnis zurückweist. In Wahrheit ist es der Geist der Furcht, der tief unten im menschlichen Inneren ruht und arbeitet und kraftet und der, indem er zum Kopfe heraufspukt, sich metamorphosiert als logische Gründe. Furcht ist es. Aber seien wir uns nur klar, es genügt nicht, daß wir sagen: ich habe keine Furcht. Das kann sich natürlich jeder sagen. Wir müssen den Sitz und das Wesen dieser Furcht erst ergründen. Wir müssen uns ja sagen, daß wir herausgeboren, herauserzogen sind aus der Gegenwart, in die von ahrimanischer Seite die Furchtgeister hineingestellt worden sind, und daß wir behaftet sind mit diesen Furchtgeistern. Dadurch, daß wir uns über sie hinwegtäuschen, sind sie nicht von uns hinweg in Wirklichkeit. Und wir müssen die Mittel und Wege finden - und diese Schule wird dazu Anleitung geben -, gegenüber diesen Geistern der Furcht, die als Ungetüm in unserem Willen sitzen, Erkenntnismut zu finden. Denn nicht dasjenige, was heute vielfach die Menschen zur Erkenntnis treibt oder wovon sie sagen, daß es sie zur Erkenntnis treibe, kann wirkliche Erkenntnis bringen, sondern allein der Mut, der innerliche seelische Mut, der da die Kräfte und Fähigkeiten ergreift, die die Wege gehen können, die zur wahren, zur echten, zur lichtvollen Geist- Erkenntnis führen. Und das zweite Tier, das aus dem Zeitengeiste heraus sich in die Menschenseele heute einschleicht, um ein Erkenntnisfeind zu werden, dieses zweite Tier, das überall lauert, wo man hinkommt, das aus den meisten Literaturwerken der Gegenwart, aus den meisten Galerien, aus den meisten Plastiken, aus den meisten sonstigen Kunstwerken, aus allem möglichen Musikalischen heute an den Menschen herantritt, das in Schulen sein Unwesen führt, das in der Gesellschaft sein Unwesen führt, das überall da ist im Wandel der Menschen, das zweite Getier, es ist dasjenige, was, um die Furcht vor dem Geiste sich nicht zu gestehen zu brauchen, sich innerlich erregt fühlt, über das geistige Wissen zu spotten. Dieser Spott, er äußert sich ja nicht immer, denn die Menschen bringen sich nicht zum Bewußtsein, was in ihnen ist. Aber ich möchte sagen, nur durch eine leichte, spinnwebendicke Wand ist vom Bewußtsein des Kopfes getrennt dasjenige, was im Herzen des Menschen heute überall spotten will über wirkliche Geist- Erkenntnis. Und wenn der Spott zutage tritt, so ist es nur dann, wenn eben die mehr oder weniger bewußte oder unbewußte Frechheit des gegenwärtigen Menschen die Furcht etwas zurückdrängt. Aber aufgestachelt durch innere sonderbare Kräfte ist schon im Grunde jeder Mensch heute gegen die Offenbarungen des Geistes. Und durch die allersonderbarsten Mittel offenbart sich dieses Spotten. Und das dritte Tier, es ist die Schlaffheit des Denkens, es ist die Bequemlichkeit des Denkens, es ist jenes Denken, das aus der ganzen Welt ein Kino machen möchte, ein Kino aus dem Grunde, weil man dann nicht zu denken braucht, sondern weil alles abrollt vor einem und die Gedanken nur dem Abrollenden zu folgen brauchen. So möchte heute sogar die Wissenschaft dem äußeren Dasein mit den passiven Gedanken folgen. Der Mensch ist zu bequem, ist zu schlaff, um das Denken in Aktivität zu bringen. Es ist mit dem Denken der Menschheit heute so, wie es wäre bei einem Menschen, der irgend etwas aufheben wollte, was am Boden liegt, und sich hinstellt und die Hände an die Hosentaschen legt und glaubt, er kann das, was auf dem Boden liegt, dann aufheben. Er kann es nicht. So kann das Sein nicht ergreifen ein Denken, das die Hände an sich anlegt. Wir müssen uns rühren, wir müssen unsere Arme und Hände rühren, wenn wir etwas ergreifen wollen, wir müssen unser Denken in Aktivität, in Tätigkeit bringen, wenn wir das Geistige ergreifen wollen. Charakteristisch spricht der Hüter der Schwelle von dem ersten Tier, das als Furcht in unserem Willen lauert, als von einem Tiere mit krummem Rücken und mit bis zur Knochenhaftigkeit verzerrtem Angesicht, dürrem Leib. Dieses Tier, das ein stumpfes Blau in seiner ganzen Oberfläche hat, das ist tatsächlich dasjenige, das neben dem Hüter der Schwelle für den heutigen Menschen aus dem Abgrunde heraufkommt. Und der Hüter der Schwelle macht klar dem Menschen von heute: da ist es, dieses Tier im stumpfen Blau, mit krummem Rücken, mit bis zu Knochigkeit verzerrtem Angesicht, dürr. Dieses Tier ist eigentlich in dir. Und hier steigt aus dem gähnenden Abgrund, der vor dem Erkenntnisfelde liegt, dieses Tier herauf, bildet ab wie im Spiegel dasjenige, was in dir selber einer der Erkenntnisfeinde ist, derjenige Erkenntnisfeind, der in deinem Willen lauert. Und das zweite Tier, das mit der Spottlust gegenüber der geistigen Welt heute zusammenhängt, das charakterisiert der Hüter der Schwelle in einer ähnlichen Weise. Neben dem anderen Ungetüm kommt es herauf, aber indem es in seiner ganzen Haltung die Schwächlichkeit zeigt. Schlaff [Schwächlich] ist seine Haltung. Aber mit dieser schlaffen [schwächlichen] Haltung und mit dem gräulich-gelben Leib fletscht es die Zähne im verzerrten Angesicht. Und aus diesem Fletschen der Zähne, das lachen möchte, aber im Lachen lügt, weil das Spotten ihm Lüge ist, grinst es uns als das Spiegelbild desjenigen Getiers entgegen, das in dem eigenen Fühlen lebt und uns an der Erkenntnis hindert, Feind unserer Erkenntnis ist. Und das dritte Tier, das nicht herankommen will an den Inhalt der Welt im Geiste, es charakterisiert der Hüter der Schwelle so, daß es aus dem Abgrunde herauf als das Dritte kommt, mit gespaltenem Maul, auseinandergespalten das Maul, mit glasigem Auge; stumpf ist der Blick, weil das Denken nicht aktiv sein will, schlaff die ganze Haltung und schmutzigrot die Gestalt. Und so ist ein erlogener Zweifel, der sich ausspricht aus diesem gespaltenen Maul und der sich ausdrückt in diesem schmutzigen Rote der ganzen Gestalt, der Zweifel an des Geistes-Licht-Gewalt, also der dritte der Erkenntnisfeinde, die in uns lauern. Sie machen uns erdenschwer. Und gehen wir mit ihnen der Geist-Erkenntnis entgegen, ohne die Mahnung des Hüters der Schwelle zu achten: der gähnende Abgrund ist da. Über ihn kann man nicht mit Erdenschwere hinübersetzen, nicht mit Furcht und Spott und nicht mit Zweifel. Über ihn kann man nur hinübersetzen, wenn man im Denken erfaßt hat die Geistigkeit des Seins, wenn man im Fühlen erlebt hat das Seelische des Seins, wenn man im Wollen erkraftet hat das Wirkende des Seins. Dann wird Geistiges, Seelisches, Wirkendes des Seins uns zu Flügeln, die uns der Erdenschwere entheben. Dann können wir hinüber über den Abgrund. Dreifach ist der Schritt des Vorurteils, das uns in den Abgrund wirft, wenn wir nicht Erkenntnismut, Erkenntnisfeuer, Erkenntnisschaffen uns aneignen. Dann aber, wenn wir die schaffende Erkenntnis im Denken ergreifen, wenn wir das Denken aktivieren wollen, wenn wir nicht in schlaffer Lässigkeit dem Geiste entgegengehen wollen, sondern mit innerem Herzensfeuer den Geist empfangen, und wenn wir Mut haben, um das Geistige tatsächlich als Geistiges zu erfassen, nicht es als Materielles nur im Bilde an uns herankommen zu lassen, dann wachsen uns die Flügel, die uns über den Abgrund hinüberführen zu dem Erkenntnisfelde, wonach doch jedes ehrlich mit sich selber lebende Menschenherz sich heute sehnt. Das ist dasjenige, was vor unsere Seele heute hinbringen will, meine lieben Freunde, diese Einleitung zur ersten Stunde, mit der diese Schule für Geisteswissenschaft beginnen soll.


GA 270a - Seite 12

Anthroposophisches Karma

Anthroposophisches Karma

Das ist aber dann das, was sich tief, tief hineinsetzt in das Karma des einzelnen. Daher dieses Schicksal derjenigen, die ehrliche Anthroposophen sind: nicht recht fertig werden zu können mit der Welt, und doch die Notwendigkeit, ernst, in vollem Ernst an die Welt heranzugehen. Ich habe angedeutet, wie diejenigen Menschen, die mit völliger Intensität drinnenstehen in der anthroposophischen Bewegung, am Ende des Jahrhunderts wiederkommen werden, daß sich dann andere mit ihnen vereinigen werden, weil dadurch eben jene Rettung der Erde, der Erdenzivilisation vor dem Verfall letztgültig entschieden werden muß. Das ist, ich möchte sagen, die auf der einen Seite herzbedrückende, auf der anderen Seite herzbewegend-begeisternde Mission der anthroposophischen Bewegung. Auf diese Mission muß hingeschaut werden. Da ist es durchaus notwendig, daß man als Anthroposoph weiß, daß in dieser Lage für den Anthroposophen das Karma schwerer zu erleben ist als für andere Menschen. Zunächst sind diejenigen Menschen, die in die Anthroposophische Gesellschaft kommen, geradezu prädestiniert, das Karma schwerer zu erleben als andere Menschen. Und geht man vorbei an diesem schweren Erleben, will man sein Karma bequem erleben, dann rächt sich das eben nach irgendeiner Seite hin. Man muß auch im Karma-Erleben Anthroposoph sein können; man muß aufmerksam hinschauen können auf das Karma-Erleben, um richtig Anthroposoph zu sein. Das bequeme Erleben eines Karma, das Wollen, Karma bequem zu erleben, führt dann gerade dazu, daß es sich rächt in physischer Erkrankung, in physischen Unfällen und dergleichen. Auf diese feineren Zusammenhänge des Lebens muß eben hingesehen werden; dann sieht man mit diesen intimeren Zusammenhängen manches andere. Und es ist die beste Vorbereitung, um geistig wirklich zu sehen, wenn man auf diese intimeren Zusammenhänge des Lebens hinschaut. Es ist nicht ein richtiges Prinzip, in nebuloser Weise allerlei abnorm visionäre Zustände entwickeln zu wollen. Aber es ist ungeheuer wichtig, sich zu befassen mit dem, was intimer in den Schicksalszusammenhängen, die man beobachten kann, vorgeht. 


GA 237 - Seite 142f
Die karmischen Zusammenhänge der anthroposophischen Bewegung (Dritter Band)

Kopf & Logik

Kopf & Logik

Nun hat sich diese Anschauung, daß alles Logische gewissermaßen eine Kopffunktion sei, so festgelegt, daß dem Menschen allmählich der unbefangene Blick verlorengegangen ist für die Wirklichkeit dieses Gebietes. Und wenn man von dieser Wirklichkeit spricht, werden die Leute sagen: Beweise mir das. - Aber der Beweis liegt wirklich in einem unbefangenen Beobachten, in einem Daraufkommen, wie sich dieses Logische beim Menschen entfaltet. Von den logischen Funktionen: Vorstellen, Urteilen, Schließen, ist eigentlich nur das Vorstellen eine wirkliche Kopffunktion. Und dessen sollen wir uns sehr bewußt werden, daß eigentlich nur das Vorstellungenbilden, nicht aber das Urteilen und das Schließen, eine Kopffunktion ist. Sie werden sagen: Allmählich wird der Kopf durch die Geisteswissenschaft ganz außer Gebrauch gesetzt. - Aber das ist tatsächlich etwas, was im tiefsten Sinn der Wirklichkeit entspricht, denn wir haben eigentlich an unserem Kopf nicht so außerordentlich viel als Menschen im Leben zwischen der Geburt und dem Tode. Der Kopf ist äußerlich in seiner Form, in seiner physischen Form allerdings das Vollkommenste, das wir haben. Aber er ist das aus dem Grunde, weil er eigentlich ein Abbild ist unserer geistigen Organisation zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Er ist in gewissem Sinn ein Siegelabdruck desjenigen, was wir waren vor unserer Geburt, vor unserer Empfängnis. Alles dasjenige, was geistig-seelisch ist, hat sich in unserem Kopf abgeprägt, so daß er ein Bild unseres vorgeburtlichen Lebens vorstellt. Und eigentlich voll tätig ist in unserem Kopf nur der Ätherleib außer dem physischen Leib. Die anderen Wesensglieder, der astralische Leib und das Ich, erfüllen den Kopf, aber sie spiegeln darin ihre Tätigkeit; sie sind für sich tätig und der Kopf spiegelt nur ihre Tätigkeit ab. Dieser Kopf ist überhaupt, von außen, als ein Bild der übersinnlichen Welt vorhanden.

GA302 - Seite 27

ALLGEMEINE MENSCHENKUNDE
ALS GRUNDLAGE DER PÄDAGOGIK

Das Glaubensbekenntnis des Monismus

Das Glaubensbekenntnis des Monismus


»Das sittliche Leben der Menschheit ist die Gesamtsumme der moralischen Phantasieerzeugnisse der freien menschlichen Individuen. Dies ist das Glaubensbekenntnis des Monismus. Er kann in der Geschichte des sittlichen Lebens nicht die Erziehung des Menschengeschlechtes durch einen jenseitigen Gott erkennen, sondern nur das allmähliche Ausleben aller Begriffe und Ideen, die aus der moralischen Phantasie entspringen können.«

»Die Philosophie der Freiheit« (Individualität und Gattung) - GA 4 - S. 242,

Rosenkreuzer

Rosenkreuzer

Es wurde festgesetzt, daß alle Entdeckungen, die sie machten, hundert Jahre lang als Geheimnis bei den Rosenkreuzern bleiben müßten und daß erst dann, nach hundert Jahren, diese Rosenkreuzer-Offenbarungen der Welt gebracht werden dürften. Erst nachdem hundert Jahre darüber gearbeitet worden war, durfte in entsprechender Weise darüber gesprochen werden. So wurde vom siebzehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert vorbereitet, was 1785 in dem Werk «Die geheimen Figuren der Rosenkreuzer» zum Ausdruck kam. Nun ist es auch von großer Bedeutung, zu wissen, daß in jedem Jahrhundert die rosenkreuzerische Inspiration so gegeben wird, daß niemals der Träger der Inspiration äußerlich bezeichnet wurde. Nur die höchsten Eingeweihten wußten es. Heute kann zum Beispiel äußerlich nur von solchen Geschehnissen gesprochen werden, welche hundert Jahre zurückliegen, denn das ist die Zeit, welche jeweils verflossen sein muß, bevor davon äußerlich gesprochen werden darf. Die Versuchung ist zu groß für die Menschen, einer solchen ins Persönliche gezogenen Autorität – was das Schlimmste ist, was es gibt – fanatische Heiligenverehrung entgegenzubringen. Es Hegt dies eben zu nahe. Es ist diese Verschwiegenheit aber nicht nur eine Notwendigkeit gegen die äußeren Anfechtungen des Ehrgeizes und des Hochmutes, deren man sich ja vielleicht noch erwehren könnte, sondern auch vor allem gegen die okkulten astralen Attacken, die fortwährend auf eine solche Individualität gerichtet sein würden. Deshalb ist die Bedingung, daß erst hundert Jahre nach einem solchen Faktum davon gesprochen werden darf, eine notwendige.


Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit

GA 130 - Seite 66 (1911/12)


Höhere Selbsterkenntnis

Höhere Selbsterkenntnis

Die höhere Selbsterkenntnis beginnt erst dann, wenn wir anfangen zu sagen: In dem, was unser alltägliches Ich ist, liegt gar nicht unser höheres Selbst. In der ganzen Welt draußen ist es, oben bei den Sternen, bei der Sonne und dem Mond, im Stein, im Tier: Überall ist dasselbe Wesen, das in uns ist. – Wenn einer sagt: Ich will mein höheres Selbst pflegen und mich zurückziehen, ich will nichts wissen von allem Materiellen, dann verkennt er vollständig, daß gerade das Selbst überall draußen ist und daß sein eigenes höheres Selbst nur ein kleiner Teil ist von diesem großen Selbst draußen.

GA 95 (1906) - Seite 139

Christus - Licht der Welt

Christus - Licht der Welt


Im Gefühle der Bedürftigkeit deiner Gnade,
Christus - Licht der Welt,
harre ich
nach Kräften öffnend der Seele Pforten
deiner Erleuchtung.
Still in mir will ich sein
und dir danken deiner Gabe
und sie geben
als dein Geschenk an Menschen.
Werkzeug deines Wortes
will ich sein
mit meiner Seele
besten Kräften
echtem tiefen
stillsten Ehrfurchten.


Rudolf Steiner für Pfarrer Paul Klein - 1914/15
GA 268 - Seite 313

Lichtes Zeitalter

Lichtes Zeitalter

Tatsächlich ist mit dem Ablauf des 19. Jahrhunderts ein neues Zeitalter in der Menschheit schon angebrochen. Die Menschen leben zunächst fort. Wenn Sie eine Kugel haben und sie mit der Hand weiterschieben, so rollt sie; aber wenn Sie die Hand wegtun, so rollt sie weiter. Und so rollt das, was die Menschen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erlebt haben, vorläufig weiter, wenn auch die Kräfte nicht mehr dahinter sind, nimmt sogar viel üblere Gestalten an, als es in der abgelaufenen Zeit hatte. Aber daneben, neben dem Fortlaufen der alten Zeit geht wirklich schon im Verborgenen in der Welt ein lichtes Zeitalter auf. Es leuchtet herein in die Welt ein lichtes Zeitalter und es ist schon so, daß die ersten Strahlen des lichten Zeitalters von der Anthroposophie aufgefangen werden müssen. 

GA 316 - Seite 185

Philosophie und Anthroposophie

PHILOSOPHIE UND ANTHROPOSOPHIE

Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut, und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewußtsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen. - Eine solche Geisteswissenschaft gilt der anerkannten Philosophie zumeist als eine dilettantische Betrachtungsart. Durch eine kurze Darstellung des Entwicklungsganges der Philosophie versuche ich, zu zeigen, daß dieser Vorwurf völlig unberechtigt ist, und daß er nur erhoben werden kann, weil die gegenwärtige philosophische Betrachtungsart sich in Irrwege verrannt hat, die es ihr, wenn sie sie nicht verlaßt, unmöglich machen, zu erkennen, daß ihre eigenen, wahren Ausgangspunkte von ihr die Verfolgung des Weges fordern, der zuletzt zur Anthroposophie führt.

GA 35 Seite 66

Vegetarische Ernährung


Die vegetarische Ernährung ist ausgezeichnet für Ärzte und Juristen, die dadurch viel eher ihre Patienten beziehungsweise die Geschäfte ihrer Klienten durchschauen werden, aber sie ist nicht das Richtige für Bankiers, Industrielle, Techniker, Handelsleute, kurz für all dasjenige, was mit einer Arbeit des Berechnens im Zusammenhang steht. Man verliert dadurch nämlich die physische Kombinationsfähigkeit. Deshalb sollte der Vegetarismus niemals so allgemein angepriesen werden, wie das oft in der Welt geschieht. Auch ist es möglich, daß man einen solchen Körper durch Vererbung bekommen hat, der den Vegetarismus überhaupt nicht ertragen kann. Dann sollte man eben nicht nach den höheren Übungen streben wollen.

GA 266/1 - Seite 416

Egoismus und Urbild des Menschen



Eins muß sich der Schüler immer wieder sagen: Ich werde nicht Teilnehmer der geistigen Welt sein können, ehe ich nicht gelernt habe, mir zu sagen: ich bin voller Egoismus – und ich kann gar nicht anders hier auf der physischen Welt sein. Das aber, was von mir hier auf der physischen Welt lebt, das ist nur ein Bild, eine Form, die Abbild ist meines Urbildes. Diese Form, dies Bild, ist von Egoismus ganz und gar durchtränkt. Und es ist das Weltenkarma, das uns in unserm Entwicklungsgange durch die Inkarnationen hindurch ganz mit Egoismus durchtränkt. Das Weltenkarma aber ist Gott. Der Gott lebt auch in uns. Und kommen wir soweit, daß wir gut und edel handeln, so ist es der Gott in uns, der uns dazu treibt. Und der Gott in uns der uns gut und edel handeln läßt, lebt in unserm Urbild. Ich selber bin voll Egoismus – aber ich bin dazu vorbestimmt, Abbild zu werden meines göttlichen Urbildes. Dies Urbild ruhte im Schoß der Gottheit – es ist herabgestiegen bis zu dieser physischen Form und diese Form steht unter der Gewalt des Gottes, der über meinem Schicksal, meinem Karma steht, das ist mit Egoismus ganz und gar durchtränkt. Nie, nie darf ich sagen, ich sei ohne Egoismus, das ist niemals wahr – ich kann sogar nicht ohne Egoismus sein auf der physischen Welt. Aber wenn ich hinschauen lerne auf mein aus Gott geborenes Urbild, wenn ich mein Denken, Fühlen und Wollen, all meine Seelenkräfte ganz und gar hineinsterben lasse in dies Urbild, dann darf ich hoffen, den Egoismus in mir zu besiegen und mich meinem Urbild wiederum zu nähern. Wir werden bemerken, daß in demselben Maße, in dem wir selbstloser werden, wir auch physisch kraftvoller werden. Wir werden bemerken, daß wir keine Furcht, keinen Schrecken mehr empfinden, wir werden nicht mehr zusammenzucken in plötzlichem Schreck. Wir werden in unserem ganzen Menschenwesen kraftvoll und stark werden. Erst durch Luzifer und Ahriman entsteht unser Egoismus. Aber es ist nötig, daß dieser in uns lebt und sich voll zum Ausdruck bringt; denn nur so kann sich alles Leben physisch völlig ausgestalten. Aber wir müssen uns bewußt werden, daß jedes Tun bei uns eine selbstische Färbung hat. Unser Mitleiden (sogar) treibt uns zur Hilfeleistung, weil wir eben nicht mitleiden mögen. 

GA 266/2 - Seite 109ff

Goethe

Denn was das Feuer lebendig erfasst
Bleibt nicht mehr Urform und Erdenlast.
Verflüchtigt wird es und unsichtbar,
Eilt hinauf, wo erst sein Anfang war. 

Johann Wolfgang von Goethe

Innen und Außen

Dasjenige, was wir als Gedanken in die Außenwelt hineintragen, bringen wir aus unserem Inneren hervor. Wir sind zunächst dieser Mensch, der als Hauptesmensch konstruiert ist (der wahrnimmt). Dieser sieht auf den Sinnesteppich hin. Im Sinnesteppich drinnen ist dasjenige, was wir durch Gedanken erreichen und zwischen diesem und zwischen dem, was wir in unserem eigenen Inneren haben, was wir nicht wahrnehmen, ist eine Verbindung, gewissermaßen eine unterirdische Verbindung. Daher kommt es, daß wir dasjenige, was wir in der Außenwelt nicht wahrnehmen, weil es in uns hineinragt, aus unserem Inneren in Form des Gedankenlebens hervorholen und in die Außenwelt hineinlegen. So ist es schon mit dem Zählen. Die Außenwelt zählt uns gar nichts vor; die Gesetze des Zählens liegen in unserem eigenen Inneren. Aber daß das stimmt, rührt davon her, daß zwischen diesen Anlagen, die da sind in der Außenwelt und unseren eigenen irdischen Gesetzen, ein unterirdischer Zusammenhang ist, ein unterkörperlicher Zusammenhang, und so holen wir die Zahl aus unserem eigenen Inneren heraus. Die paßt dann zu dem, was draußen ist. Aber der Weg ist nicht durch die Augen, nicht durch unsere Sinne, sondern der Weg ist durch unseren Organismus. Und dasjenige, was wir als Mensch ausbilden, das bilden wir als ganzer Mensch aus. Es ist nicht wahr, daß wir durch die Sinne irgendein Naturgesetz erfassen; wir erfassen es als ganzer Mensch.


GA 205 - Seite 197f

Liebe als Mission der Erde


Nun ist es so, daß die Dinge, die sich, in unserer physischen Welt in einer gewissen Weise darstellen, sich da oben ganz anders ausnehmen. Man darf sagen, auch die Götter profitieren von jener Teilnahme an der Menschheit. Wir müssen uns da eine Vorstellung aneignen, die nicht so ganz leicht ist, die man aber notwendig hat, wenn man das Verhältnis des Menschen zu der Welt verstehen will. Wir haben gesagt, daß die Erde der Planet der Liebe ist; und richtig ausgebildet wird die Liebe erst auf der Erde. Sie wird, grob ausgedrückt, gezüchtet; und durch ihre Teilnahme an den Menschen lernen die Götter ebenso die Liebe kennen, wie sie in einer anderen Beziehung sie schenken. Das ist schwer sich vorzustellen. Es ist durchaus möglich, daß ein Wesen in ein anderes Wesen eine Gabe förmlich einträufelt, und diese Gabe durch das andere Wesen erst kennenlernt. Denken Sie sich eine ungeheuer reiche Persönlichkeit, die nie etwas anderes kennengelernt hat als Reichtum, ohne jene tiefe seelische Befriedigung, die Wohltun verursachen kann. Und nun tut diese Persönlichkeit wohl; sie schenkt einer armen Persönlichkeit etwas. In der Seele dieser armen Persönlichkeit wird durch die Geschenke der Dank bewirkt, und dies Dankesgefühl ist auch eine Gabe: es wäre nicht da, wenn die reiche Persönlichkeit nicht geschenkt hätte. Die reiche Persönlichkeit hat aber das Dankesgefühl nicht gefühlt, sondern sie hat es hervorgebracht. Sie ist die Geberin des Dankesgefühls, aber kennenlernen kann die reiche Persönlichkeit dieses Dankesgefühl erst in der Reflexion, wenn es zurückstrahlt von denen, in denen sie es entzündet hat. So ist es ungefähr mit der Gabe der Liebe, die von den Göttern den Menschen eingeträufelt wird. Die Götter sind so weit, daß sie im Menschen die Liebe entzünden können, so daß die Menschen imstande sind, die Liebe erleben zu lernen, aber die Götter lernen die Liebe als Realität erst durch die Menschen kennen. Sie tauchen von den Höhen herunter in den Ozean der Menschheit und fühlen die Wärme der Liebe. Ja, wir wissen, daß die Götter etwas entbehren, wenn die Menschen nicht in Liebe leben, daß sozusagen die Götter ihre Nahrung in der Liebe der Menschen haben. Je mehr Liebe der Menschen auf der Erde, desto mehr Nahrung der Götter im Himmel - je weniger Liebe, desto mehr Hunger der Götter. Das Opfer der Menschen ist im Grunde genommen nichts anderes als das, was zu den Göttern hinaufströmt als die in den Menschen erzeugte Liebe. 

Welt, Erde und Mensch

GA 105 - Seite 146ff

NEUNTER VORTRAG - 1908

Liebe...


Wie steht es eigentlich mit dem Lieben? Wenn der Hellseher dieses erforscht, dann kann er zu bitteren Erfahrungen kommen, solange er diese Erfahrungen nicht im Lichte eines noch größeren Ganzen betrachtet. Nehmen wir an, zwei Menschen werden geboren, die durch ihr Karma dazu gehalten sind, in diesem Leben einander zu lieben. Dann kann der Hellseher oftmals beobachten, daß vor der Geburt dieser Menschen in der geistigen Welt die beiden einander gehaßt haben. Oder eine Mutter bekommt ein Kind, das sie, nach der weisen Einrichtung der Weltenordnung, mit Liebe erzieht. Aber bevor sie geboren war, hat sie das Kind vielleicht gehaßt. Hier kommen wir auf ein Gebiet, wo die weise Weltenlenkung gerade besonders weise vorgegangen ist. Das, was die Menschen in «Liebe» aneinander bindet, ist nämlich in weitaus den meisten Fällen Egoismus. Man liebt den andern, weil man es als angenehm empfindet, in der Nähe des geliebten Wesens zu sein. Die guten Götter haben den Egoismus gebrauchen müssen, um die Menschen in Liebe zu erziehen. Ohne dieses Mittel des Egoismus zu ergreifen - nachdem der luziferische Einfluß nun einmal gekommen war -, könnten keine Menschen dazu gebracht werden, karmische Bande durch Liebeverhältnisse auszuwirken; die Mutter würde das Kind, das karmisch mit ihr verbunden ist, gar nicht zur Welt bringen wollen und so weiter. So ist in dieser Welt wirklich alles umgekehrt; die Liebe ist von Luzifer und Ahriman, der Egoismus von den fortschreitenden Göttern gegeben, damit durch die Veredlung des Egoismus die Menschen zu wahrer Liebe gelangen können. Es wird das hier gesagt, um damit auf das Folgende hinzuweisen. Es kommen oft angehende Esoteriker und klagen über die Gedanken, die sie bei ihrer Meditation bestürmen. Das ist eigentlich ein Zeichen des Fortschrittes, daß man diese Gedanken spürt; es beweist, daß wir Luzifer und Ahriman nicht mehr nur in uns selber haben, sondern daß wir anfangen, sie als Mächte außer uns wahrzunehmen, denn solche heraufziehenden Gedanken sind ganz von Luzifer und Ahriman. Wenn alles so geblieben wäre, wie es ursprünglich beabsichtigt war, dann hätte nach der luziferischen Versuchung der Mensch seine Gedanken niemals vergessen können. Er hätte immer Zutritt gehabt zu der Akasha-Chronik, aber es wären Luzifer und Ahriman gewesen, die diese Chronik für ihn aufgeschrieben hätten. Daher mußten die guten Götter es so einrichten, daß der Mensch seine Gedanken auch vergessen kann. Alles, was so in das Unbewußte hinuntersinkt, ist abgestorben, aber das alles fressen Luzifer und Ahriman. Sie machen es zu einem Teil ihres Wesens, und als luziferische und ahrimanisehe Natur kommt es bei den Menschen wieder heraus in der Meditation. Sobald jemand sich zum Meditieren anschickt, steigt bei Luzifer die Hoffnung auf: Vielleicht werde ich doch noch in der Welt siegen! Und dann bestürmt er den Menschen mit dessen abgelegten Gedanken. Das liebt der Mensch eigentlich, dieses Gehen von Gedanken zu Gedanken, und die Kontemplation, das In-sich-erfüllt-Bleiben mit einem Gedankeninhalt, das liebt er nicht. Man beobachte einmal, wie lange ein Nicht-Esoteriker (bei einem Esoteriker ist noch ein gewisser [selbstauferlegter] Zwang dazu vorhanden) einen Vorsatz ausführt, um zum Beispiel, so wie der Essäerschüler, jeden Morgen für das Aufgehen der Sonne zu danken, wenn er sich dieses freiwillig vorgenommen hat. Wie wenige werden es weiter als einige Tage bringen! In Wirklichkeit liebt der Mensch den Geist überhaupt nicht. Er muß sich mit Gewalt dazu zwingen, bestimmte Gedanken durch längere Zeit in seiner Seele zu behalten. Luzifer und Ahriman sind es eigentlich, die der Mensch in Wahrheit liebt.

Als Protest gegen diese Tatsache haben wir unseren Rosenkreuzerspruch:

Ex Deo naseimur
In Christo morimur
Per Spiritum Sanctum reviviseimus 

GA 266c - Seite 146ff

Schulung

Worauf es vor allem ankommt in der esoterischen Entwicklung das ist, daß wir versuchen müssen, alle Schmerzen, Leiden und Angstzustände usw. geduldig zu ertragen, indem wir innerlich fest stehen. Dies ist eine erste, große Bedingung. Es ist kein gutes Zeichen für den Esoteriker, wenn er viel klagt und alle möglichen Kuren anwendet für seine Leiden. Wir müssen uns vielmehr klarmachen, daß eine Veränderung unserer Wesensglieder bei uns sich vollzieht, die eben derartige Zustände von Angst und Schmerzen hervorruft. Auch alle möglichen Nervenangelegenheiten können dadurch beobachtet werden, wie z. B. Platzangst usw. Dies alles kann uns überfallen. Dagegen ist notwendig, sich zum klaren Bewußtsein zu bringen, daß dies(e Beurteilung des Erlebens) alles Maya ist, Illusion, und daß diese und ähnliche Erscheinungen in Wirklichkeit eine Stärkung bedeuten für später auftretende, zu überwindende Schwierigkeiten in der inneren Entwicklung.

GA 266/2 - Seite 236f

Eingeweihte

Eingeweihte

Es ist aus gewissen Gründen außerordentlich schwierig, der Welt gewisse Tatsachen über die geistigen Verhältnisse mitzuteilen. Die Menschen sind nicht vorbereitet genug, sie haben in sich nicht die Begriffe, um in entsprechender Art solche Mitteilungen aus der geistigen Welt entgegenzunehmen, und leicht werden solche Mitteilungen in das Gegenteil verkehrt. So kommt es, daß gerade in der Gegenwart der in die geistige Welt Eingeweihte über die wichtigsten Dinge in vieler Beziehung schweigen muß. Man kann nicht einmal sagen, was geschehen würde, wenn über die wichtigsten Dinge einer völlig unreifen Menschheit gegenüber dieses oder jenes gesagt würde. Aber ein Fall, der sehr häufig vorkommt, ist der folgende: Verhandelt werden muß immer nach gewissen Weltgesetzen über die spirituellen Dinge. Wenn nun mit den Lebenden schlecht zu verhandeln ist, wie in der Gegenwart, so ist sehr häufig die Verhandlung mit den Toten eine um so regere, eine um so intensivere. Und man kann sagen: vielleicht war in wenigen Zeiten das Zusammenwirken, das bewußte Zusammenwirken des physischen Planes mit der geistigen Welt, in welche die Verstorbenen versetzt sind, ein so reges, wie es in der Gegenwart sein kann. Aber nehmen wir an, irgendwo findet eine Verhandlung statt, die nur sein kann zwischen einem Wissenden auf dem physischen Plan und einem Verstorbenen. Dann kann gewissermaßen eine transzendente Indiskretion geschehen. Es können zwei Fälle eintreten. Nicht nur hier auf dem physischen Plane gibt es Horcher, die durch Schlüssellöcher horchen, sondern auch unter den Wesen der geistigen Welt gibt es Horcher, die Geister niederer Art sind, die aber eigentlich immer darauf aus sind, allerlei spirituelle Tatsachen dadurch zu erfahren, daß sie horchen, daß sie namentlich das auffangen, was zwischen Wesen des physischen Planes und der geistigen Welt gesprochen wird. Da kann dann der eine Fall eintreten: Wenn ein Mensch besonders leidenschaftlich ist, von seinen Leidenschaften besonders ergriffen wird, so daß man von ihm sagt: er ist außer sich –, was ja durch Leidenschaft öfter vorkommt, oder wenn er betrunken ist, richtig physisch betrunken ist, oder wenn er in einem Ohnmachts- oder dergleichen Zustande ist, dann können solche Geister die Gelegenheit benutzen und über ihn kommen; und was sie ihm dann einimpfen, das kann ihm in Form einer Vision gleichzeitig oder später auftreten, und er kann dadurch allerlei erlauschen, was er nicht hören sollte. Wer Sinn und Beobachtungsgabe für so etwas hat, der weiß, daß heute in allen möglichen Büchern unserer Literatur Unzähliges geschrieben wird, Unzähliges vorhanden ist, insbesondere in mancher höchst zweifelhaften Literatur, was auf allerlei verkehrte Art durch Indiskretion aus dem geistigen Verkehr her stammend ist. Es kann nichts Wirksameres geben, als wenn irgendein Kobold den Schreiber eines Detektivromans, wenn er gerade betrunken ist, von sich besessen macht, in seine Menschlichkeit hineingeht, ihm irgendeinen Satz eingibt, so daß er diesen Satz in seinem Detektivroman unterbringt. Dieser Roman gelangt dann zu den Menschen, und jener Satz kann dann ganz besonders in den Menschenseelen wirken, kann insbesondere dadurch wirksam werden, weil er durch die Art, wie die Menschen solche Dinge aufnehmen, nicht das volle Bewußtsein ansprechend ist, sondern an sich schon etwas zum Unterbewußtsein Sprechendes ist. Das andere, was geschehen kann, ist, daß in irgendwelchen spiritistischen Sitzungen durch dieses oder jenes Medium das eine oder das andere geschildert wird, und dann mischt sich in das, was durch das Medium zutage tritt, die Kundgebung eines solchen Geistes hinein, der da seine Indiskretion unterbringen will.

GA 176 - Seite 304f