Denken & Hellsehen

Denken & Hellsehen

Nun erinnern Sie sich, dass wir ja gesagt haben: das eigene Denken, das muss ausgeschaltet sein. Also, eigene Gedanken machen wir uns nicht über das, was wir sehen. Das ist vor allen Dingen eine Grundforderung für diesen hellseherischen Blick, dass wir uns ganz und gar sozusagen durch die Weltengedanken, die in uns einströmen, dass wir uns durch sie inspirieren lassen. Was wir also da sehen, das schauen wir an, aber es wirkt vor allen Dingen auf unser Gefühl; auf Gefühl und Wille wirkt es. Unser Denken, das erscheint uns so, wenn wir wirklich das erreicht haben, wovon gesprochen worden ist, als wenn wir es verloren hätten; unser eigenes Denken meine ich. Und so schauen wir mit dem Gefühl, das uns eigen geblieben ist, zurück auf das, was da eingebettet ist in das Nebelgebilde, in das immer bewegliche Nebelgebilde unseres Ätherleibes als unser physisches Organ. Da bekommen wir zunächst einen Totaleindruck. Dieser Totaleindruck ist so, dass uns das, was wir da erblicken, zu unendlicher Traurigkeit, zu furchtbarer Traurigkeit stimmt. Und man muss sagen, meine lieben Freunde, diese Stimmung der Seele, diese furchtbare Traurigkeit, die ist nicht etwa abhängig von der einen oder anderen menschlichen Individualität, sondern sie ist ganz allgemein. Den Menschen kann es nicht geben, der so, wie es geschildert worden ist, von außen zurückblickt auf seinen physischen Leib, wie er eingebettet ist im Ätherleib, und der nicht ganz, ganz durchdrungen würde von maßloser Traurigkeit. Alles das, was ich an Eindrücken jetzt schildere, prägt sich zunächst im Gefühl aus, nicht in Gedanken. Maßlose Traurigkeit, eine ganz melancholische Stimmung überkommt uns, wenn wir nun aufblicken zu den Weltgedanken, die in uns einströmen. Diese Gedanken, die nicht unsere eigenen, sondern die schöpferisch durch die Welt webende und wirkende Gedanken sind, die beleuchten sozusagen dieses Gebilde unseres physischen Leibes, und sie sagen uns durch die Art und Weise, wie sie das beleuchten, sie sagen uns, was das eigentlich ist, was wir da sehen. Sie sagen uns: das alles, was wir da sehen, das ist das letzte Dekadenzprodukt einer einstmals bestehenden Herrlichkeit. Und wir bekommen durch das, was uns diese Gedanken sagen, den Eindruck: Was wir da als unseren physischen Leib vor uns haben, das ist wie etwas, was einstmals gewaltig und herrlich war und verdorrt und zusammengeschrumpft ist und jetzt in ein kleines Gebilde zusammengeschrumpft eine einstmalige ausgebreitete Herrlichkeit uns zeigt. Wie eine letzte ins Physische verhärtete Erinnerung urferner Herrlichkeit erscheint uns das, was da eingebettet ist in unseren Ätherleib. Da erscheinen uns unsere einzelnen physischen Organe, die heute sozusagen zu unserem Ernährungs-, zu unserem Blutzirkulations-, zu unserem Atmungssystem gehören; wir blicken sie von außen an, sie geistig anschauend, und siehe da, sie erscheinen uns so, dass wir uns sagen: Das alles, was wir da im physischen Leibe vor uns haben, das sind Schrumpfprodukte, verdorrte Produkte von einstmals existierenden Lebewesen; von Lebewesen, die in einer herrlichen Umgebung gelebt haben und die jetzt zusammengeschrumpft und verdorrt sind. Und in dem Leben, das sie heute in sich haben, diese Lunge, dieses Herz, diese Leber und die anderen Organe, in dem ist nur das letzte Dekadenzleben eines ursprünglichen gewaltigen innerlichen Lebens.

GA 145, S. 101 f.

Gemütsruhe

Gemütsruhe

Je ruhiger wir sein können, desto mehr geschieht durch uns in der geistigen Welt, so dass wir also gar nicht sprechen können davon, dass etwas geschieht in der geistigen Welt, wenn wir hasten und treiben, sondern indem wir in aller Gemütsruhe entwickeln eine größere liebevolle Anteilnahme an dem, was geschehen soll, und dann abwarten, wie die Dinge sich entwickeln. Diese Gemütsruhe, welche in der geistigen Welt schaffend ist, hat kaum irgend etwas Ähnliches im gewöhnlichen physischen Leben, wohl aber in höheren Gebieten auf dem physischen Plane, im Erkenntnisleben und im Kunstleben. Da haben Sie schon etwas Analoges. Der Künstler kann eigentlich nicht das Höchste, was er vermag nach seinen Anlagen, schaffen, wenn er nicht warten kann, wenn er nicht in aller Gemütsruhe warten kann, bis der rechte Augenblick gekommen ist, bis die Intuition kommt. Wer programmmäßig schaffen will, der kann nur minderwertige Produkte zustande bringen. Wer auf irgendeinen äußeren Anlass hin irgendein Werk, sei es das kleinste, schaffen will, wird es nicht so gut zustande bringen, als wenn er in liebevoller Hingabe und ruhig warten kann auf den Augenblick der Inspiration, wir können auch sagen, auf den Augenblick der Gnade. So ist es auch in der geistigen Welt, da gibt es kein Hasten und Drängen, da gibt es nur Gemütsruhe. Im Grunde genommen muss es auch so sein bei der Ausbreitung unserer Bewegung. Alle äußere Agitation, alles äußere den Menschen die Geisteswissenschaft Aufdrängenwollen, führt im Grunde genommen zu nichts. Am besten ist es, wenn wir warten können, bis sich uns im Leben die Menschen zeigen, die in ihrer Seele das Bedürfnis haben, etwas zu hören, die sich hinneigen wollen dem Geistigen, und wir sollen gar nicht das Bedürfnis entwickeln, einen jeden an die Geisteswissenschaft heranzubringen. Wir werden die Erfahrung machen, je mehr Ruhe, agitationslose Ruhe wir entwickeln können, desto mehr Leute kommen an uns heran, während wir durch eine brüske Agitation die Leute geradezu zurückstoßen werden. Wenn ein öffentlicher Vortrag gehalten wird, geschieht es nur, damit gesagt werde, was gesagt werden muss; wer es aufnehmen will, kann es aufnehmen. Insofern muss unser ganzes Leben innerhalb der geisteswissenschaftlichen Bewegung ein Abbild des Geistigen sein, dass wir das, was geschehen soll, geschehen lassen und es abwarten mit Gemütsruhe.

GA 140, S. 63 f.

Angelos

Angelos

Wenn wir aufwachen, werden wir in die Welt versetzt, wo Tiere, Pflanzen, Mineralien, wo die Wesen der drei Naturreiche sind, die eben der Sinneswelt angehören. Wenn wir hinüberschlafen jenseits der Sinneswelt, werden wir zunächst versetzt in dasjenige Gebiet, in dem die erste über den Menschen gelagerte Wesensstufe der Angeloi, der Engel ist. Und wir stehen vom Einschlafen bis zum Aufwachen zunächst mit jenem Wesen, das dem Menschen zugeordnet ist als sein Engelwesen, so in Verbindung, wie wir durch unsere Augen und Ohren mit den drei Reichen der Natur hier in der Sinneswelt in Verbindung stehen. Wenn wir auch zunächst kein Bewusstsein haben von dieser Verbindung mit der Welt der Angeloi, sie ist doch da, diese Verbindung. In dasjenige, was unser astralischer Leib ist, reicht diese Verbindung hinein. Wenn wir in unserem astralischen Leibe im Schlafe leben und würden plötzlich aufwachen, würden wir ebenso in Berührung kommen mit der Welt der Angeloi, zunächst mit dem Engelwesen, das mit unserem eigenen Leben in Verbindung steht, wie wir hier in der irdischen Welt mit Tier und Pflanze und Mineralien verbunden sind. Nun aber sieht der Mensch auch in der irdischen Welt, in der Sinneswelt, wenn er aufmerksam ist, wenn er seine Gedanken schult, mehr, als wenn er unaufmerksam, flüchtig ist. Die Verbindung also mit den drei Reichen der Natur kann eine innigere oder eine oberflächlichere sein. (…) Aber der Angelos ist nicht imstande, den Menschen zu einem freien Leben zu führen, wenn der Mensch gewissermaßen automatisch mit seiner Sprache, mit seinem Volkstum hat verbunden werden müssen. Dann wird auch das individuelle Leben unfrei. Diese Unfreiheit drückt sich dadurch aus, dass der Mensch zwar innerlich auch ein Bewusstsein entwickelt, wenn er nicht freie Begriffe fasst, sondern wenn er innerlich Worte denkt, aber der Mensch wird veräußerlicht, wird unfrei gemacht dadurch, dass sein ganzes Denken in Worten aufgeht. Das ist aber sogar ein Grunderlebnis der Menschen der heutigen Zeit, dass ihr Denken eben in Worten aufgeht. Man begreift auch das Erdenleben in seiner geschichtlichen Entwickelung, besonders in seinem gegenwärtigen Zustande nicht, wenn man nicht aufsteigt zu dem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, zu der geistig-seelischen Welt. Will man also die menschliche Gestalt verstehen, muss man zum Fixsternhimmel hindeuten. Will man die menschlichen Lebensstufen verstehen, muss man zur Planetensphäre hindeuten. Will man das menschlich-geistig-seelische Leben verstehen, dann kann man nicht stehenbleiben zwischen der Geburt und dem Tode, denn dieses geistig-seelische Leben wurzelt, wie wir gesehen haben, in der Welt der höheren Hierarchien, wie das physische und ätherische Wesen der Menschen zu der physischen und ätherischen Außenwelt gehört. Will man also Denken, Fühlen und Wollen richtig verstehen, dann muss man nicht bloß den Menschen in seiner Beziehung zur sinnlichen Außenwelt ins Auge fassen, dann muss man den Menschen ins Auge fassen in Bezug auf sein Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Denken, Fühlen, Wollen sind die Kräfte, durch die sich zunächst unser Seelenwesen entwickelt. Unsere idealen Gedanken, dasjenige, was sich in diese Gedanken, in das Seelenwesen hineinverpflanzt hat aus idealer Liebe, aus Frömmigkeit, das trägt uns gewissermaßen durch die Todespforte. Wie wir unser Denken beeinflusst haben, wie unser Denken von einer idealen Gesinnung durchdrungen war, das bringt uns in der richtigen Weise zu der ersten Begegnung mit den Archangeloi. Dann aber, indem wir die Mitternachtsstunde des Daseins überschreiten, dann verglimmt, möchte ich sagen, unser Denken. Denn dieses Denken ist es, das nun gerade bearbeitet wird nach der Mitternachtsstunde des Daseins hin für das nächste Erdendasein. Und aus demjenigen, was dieses unser Denken war, werden nun diejenigen Kräfte geformt, die die physischen Denkorgane durchziehen im nächsten Erdenleben. (…) Das aber kann nur errungen werden, wenn unser Denken durchglüht werden kann von wirklicher Geistigkeit. Was enthält denn eigentlich der heutige Geist des Menschen? Gedanken - Gedanken über etwas. Wenn heute der Mensch von seinem Geiste spricht, spricht er eigentlich nur von seinen Gedanken, von dem mehr oder weniger abstrakten Denken. Was wir brauchen, das ist wirklicher Geist, der innerlich in uns eindringt, lebendiger Geist. Von solchem lebendigem Geist handelt aber wirklich Anthroposophie in der Anschauung der Welt, die zwischen dem Tod und einer neuen Geburt liegt. Der Mensch hat also heute nötig, von seiner Gestalt, von seiner Form, von seinen Lebensstufen, von seinem Seelisch-Geistigen aus sich selbst zu betrachten als angehörig einer Welt, die außerhalb des Irdischen liegt. Dann wird er in das Irdische das Richtige hereintragen können. Wir haben es erlebt, wie das Geistige des Menschen allmählich aufgesogen worden ist von den andern Elementen des Erdendaseins, von dem politischen Leben, von dem wirtschaftlichen Leben. Wir brauchen die Hinneigung zu einem selbständigen Geistesleben. Das allein nur kann die Grundlage geben für die Durchdringung des Menschen mit wirklicher Geistigkeit, mit geistiger Substanz, nicht bloß mit den Gedanken über irgend etwas. Deshalb muss Anthroposophie sich geneigt finden, für eine Befreiung des Geisteslebens zu wirken. Wenn dieses Geistesleben sich nicht auf seine eigenen Grundlagen stellt, so wird der Mensch immer mehr und mehr ein Abstraktling werden. Er wird sich nicht durchdringen können mit lebendigem Geiste, sondern nur mit abstraktem Geiste. 

GA 209, S. 35 f.

Machtmissbrauch

Machtmissbrauch


Aber eine andere Frage können wir aufwerfen: Wir rufen aus unserem Inneren diese Kräfte der Verwandlungsfähigkeit heraus; sind sie also nicht fortwährend in uns? Ja, die Kräfte sind immer in uns. Geradeso, wie die Kräfte der Imagination immer in uns sind, wir sie aber hervorrufen müssen, um geistige Wesen wahrzunehmen, so sind auch die Kräfte des Sich-Verwandelns immerfort in uns. Nur, um sie bewußt zu haben, müssen wir sie auf die geschilderte Weise entwickeln. Wir sind in jedem Augenblick nicht nur wir selber, sondern auch jedes andere Wesen, nur entwickeln wir uns nicht dazu, weil wir unser Bewußtsein nicht zu dem andern Wesen erweitern. Warum ist das so? Das wird uns am besten klar, wenn wir einen der Fälle im Leben betrachten, wo der Mensch auf dem gewöhnlichen physischen Plan sich in ein anderes Wesen verwandelt. Es kommt allerdings vor auf dem physischen Plan, daß man die Kräfte gebraucht, die sonst die Verwandlungskräfte sind. Man gebraucht sie, ohne daß man davon etwas weiß. Man gebraucht sie jedesmal, wenn man seinen Mitmenschen dadurch Unrecht zufügt, daß man seinen eigenen Willen in ungerechtfertigter Weise zum Herrn über andere macht. Es fängt schon damit an, wenn man den anderen anlügt. Durch die Lüge fügt man ihm ein Stück Unrichtiges ein. Man gewinnt eine gewisse Macht über ihn, weil die Lüge in dem anderen weiterwirkt. So ist es auch, wenn man etwas Böses tut. Die Kräfte, mit denen man etwas Böses tut in der Welt, das sind diese Verwandlungskräfte, nur am unrechten Orte angewendet. Alles Böse in der Welt ist die unrechtmäßige Anwendung dieser Verwandlungskräfte. Es gestattet wahrhaftig, tiefe Blicke hineinzutun in das Geheimnis des Daseins, wenn man weiß, woher das Unrecht, das Böse, das Verbrechen und das Unheil kommt, das in der Welt geschieht. Dadurch geschieht es, daß der Mensch die besten, heiligsten Kräfte, die vorhanden sind, nämlich die Verwandlungskräfte, in verkehrter Weise anwendet. Es gäbe kein Böses in der Welt, wenn es nicht die heiligsten Verwandlungskräfte gäbe. Ich habe sogar einmal in einem öffentlichen Vor- trag auf diese Eigentümlichkeit hingedeutet, daß das Böse eine verkehrte Anwendung von Kräften ist, die, an ihrem Ort angewendet, zu einem höchsten Guten führen würden. Diese Stimmung in der menschlichen Seele: Ich weiß, hier in der Seele ist etwas darin, was sich einerseits in alle anderen Menschen und Wesen verwandeln kann, was sich andererseits verwandeln kann in Egoismus -, diese Stimmung muß man entgegenhalten können dem Kosmos, wenn man geistig hören will. Das ist ein zweiter Vokal. Die Stimmung, die man haben kann gegenüber dem Geheimnis des Bösen, wie ich es jetzt dargelegt habe, das ist der dritte Vokal, also das, was man erlebt, wenn man weiß, wodurch der Mensch böse werden kann. Wenn man dieses Geheimnis kennt, daß es höchste Kräfte sind, die im Bösen in verkehrter Weise angewendet werden, dann hat man die Stimmung eines dritten kosmischen Vokals. Man muß solche Seelenstimmungen erleben; das ist es, worauf es ankommt. So haben wir heute von drei kosmischen Vokalen gesprochen. Von anderen Vokalen werden wir morgen sprechen. Ich mußte heute erst das Prinzip erörtern, auf das es ankommt, damit wir im inneren Erleben jene innere Verwandtschaft zum Kosmos herstellen, wodurch wir in Hingabe unserer eigenen Seelenkräfte zu Hörern und Lesern dessen werden, was draußen in der geistigen Welt vorgeht.

GA 156, Seite 63f

Geisteswissenschaft

Geisteswissenschaft

Dann wird eine Zeit kommen in der Erdenentwickelung, wo diejenigen, die Geisteswissenschafter geworden sind, sagen werden: Geisteswissenschaft ist schon alles, Geisteswissenschaft ist das letzte Heil, und alle diejenigen, die in ihrer Seele etwas anderes unternehmen als Geisteswissenschaft, sind Phantasten und Träumer! - Die Geisteswissenschafter werden über diese anderen reden, wie die Materialisten über uns reden. Aber geradeso wie die Geisteswissenschafter von heute stehen zu den Materialisten, so wird es in der Zukunft ein kleines Häuflein von Menschen geben, die über die Geisteswissenschaft hinausgehen werden zu etwas, was sich in dieser Zukunft zu Geisteswissenschaft als etwas so Neues verhält, wie die Geisteswissenschaft jetzt zu der bloß äußeren Wissenschaft. Das wird noch viel mehr Ansprüche stellen an die Aktivität des Menschen als die Geisteswissenschaft, die schon so unbequem gefunden wird.

GA 162, Seite 102 f.

Antipathie

Antipathie

Viele Seelen, die jetzt gewissermaßen aus geistigen Welten herunter sollen in physische Leiber, betrachten dieses Einkörpern in die physischen Leiber mit einer Art von Abneigung, mit einer Art von Antipathie. Das ist vielen Menschen heute unbewußt.

Rudolf Steiner - GA 203, Seite 48

Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen

(Durch dieses Gelübde hebt sich der tibetische Buddhismus von den anderen Buddhisten ab, die alle sich selbst erlösen wollen, statt die ganze Menscheit. Vermutlich hat es einen manichäischen Ursprung). Wir wollen uns heute, wie in jeder esoterischen Stunde vor die Seele führen, daß, was uns in diesen Stunden mitgeteilt wird, ausgeht von den Meistern der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen. Wir wollen uns entwickeln, nicht aus einer egoistischen Sehnsucht nach Entwickelung, sondern um Helfer zu werden in der Entwickelung der Menschheit, an deren Karma das unsere geknüpft ist. Als andere Menschen sollen wir aus diesen Stunden hervorgehen, als wir in sie hineingegangen sind, indem wir Nutzen ziehen aus den Unterweisungen für unser esoterisches Tagewerk. Diese intimsten Verrichtungen der Seele immer in der richtigen Gesinnung zu vollführen, ist die Hauptsache, die uns nicht oft genug eingeprägt werden kann.

GA 264, Seite 219

Schuld

In aller Geheimwissenschaft hat man von jeher dasjenige, was Fehler gegen die Gemeinschaft ist, was aus dem fehlerhaften Ätherleibe fließt, als «Schuld» bezeichnet. Das gewöhnliche, triviale Wort «Schulden» hat einen ganz ähnlichen Ursprung wie das moralische Wort «Schuld», das das bezeichnet, was man dem andern moralisch schuldig geworden ist. Die Schuld ist also etwas, was auf fehlerhafte Eigenschaften des Ätherleibes zurückzuführen ist.

GA 96, Seite 214f

Anthroposophische Terminologie

Ich habe schon vor Jahren versuchen wollen, die wichtigsten Bestandteileder anthroposophischen Terminologie, so sonderbar und paradox Ihnen das erscheinen mag, überhaupt in aus dem Laut heraus geformten Worten zu geben. Es war aber immer noch nicht die Reife vorhanden für das Entgegennehmen. Aber möglich ist es durchaus schon.


GA 343, Seite 112

Liebe

Liebe

Erinnern wir uns nun, daß der Mensch auf der alten Sonne den Ätherkörper in der Anlage bekommen hat, daß dieses Feurige, Lichtvolle, Glänzende der Sonne Anlage ist des Ätherleibes. Darin ist nur eine andere Seite der Liebe gegeben, das, was die Liebe im Geiste ist: Licht ist Liebe. Im Ätherkörper ist uns also die Liebe und die Liebessehnsucht gegeben, und wir können den Ätherkörper mit Fug und Recht nennen den Liebesleib: Licht und Liebe.

GA 127, Seite 187

Denken

Denken

Der Mensch ist das einzige wirklich denkende Wesen auf unserer Erde. Durch seine Gedanken erlebt der Mensch eine Welt, die ihn über diese Erde hinausführt. In der Form, in welcher sich im Menschen die Gedanken entzünden, erlebt kein anderes irdisches Wesen die Gedanken. Was entzündet in uns den Gedanken, was spielt sich in uns ab, wenn der einfachste oder herrlichste Gedanke uns durchzuckt? – Zweierlei wirkt in uns zusammen, wenn wir Gedanken durch unsere Seele ziehen lassen: unser Astralleib und unser Ich. Der physische Ausdruck für unser Ich ist das Blut; der physische Ausdruck für unseren Astralleib ist unser Nervensystem, das, was wir Leben nennen in unserem Nervensystem. Und niemals würden unsere Gedanken unsere Seele durchzucken, wenn nicht ein Zusammenwirken wäre zwischen Ich und Astralleib, welches seinen Ausdruck findet im Zusammenwirken zwischen Blut und Nervensystem. Sonderbar wird es einmal einer menschlichen Zukunftswissenschaft vorkommen, wenn die heutige Wissenschaft allein im Nervensystem die Entstehung des Gedankens sucht. Nicht in den Nerven allein ist der Ursprung des Gedankens. Nur in dem lebendigen Zusammenspiel zwischen Blut und Nervensystem haben wir den Vorgang zu erblicken, der den Gedanken entstehen lässt. Wenn unser Blut, unser inneres Feuer, und unser Nervensystem, unsere innere Luft, so zusammenwirken, dann durchzuckt der Gedanke die Seele. Und die Entstehung des Gedankens im Innern der Seele entspricht im Kosmos dem rollenden Donner. Wenn das Blitzesfeuer sich entzündet in den Luftmassen, wenn Feuer und Luft zusammenspielen und den Donner erzeugen, dann ist das in der großen Welt dasselbe makrokosmische Ereignis, dem entspricht der Vorgang, wenn das Feuer des Blutes und das Spiel des Nervensystems sich entladen im innern Donner, der allerdings sanft und ruhig und unvernehmbar für die Außenwelt erklingt im Gedanken. Was der Blitz in den Wolken, das ist für uns die Wärme unseres Blutes, und die Luft draußen mit allem, was sie an Elementen enthält im Universum, entspricht dem, was unser Nervensystem durchzieht. Und wie der Blitz im Widerspiel mit den Elementen den Donner erzeugt, so erzeugt das Widerspiel von Blut und Nerven den Gedanken, der die Seele durchzuckt. Wir schauen hinaus in die Welt, die uns umgibt: Wir sehen den zuckenden Blitz in den Gebilden der Luft und hören den sich entladenden, rollenden Donner. Und dann blicken wir in unsere Seele und spüren die innere Wärme, die in unserem Blute pulsiert und spüren das Leben, das unser Nervensystem durchzieht - dann fühlen wir den Gedanken uns durchzucken und sagen: Beides ist eins. Wahrhaft und wirklich ist es so! Denn in uns denken wir, und wenn der Donner am Himmel rollt, so ist das nicht nur eine physisch-materielle Erscheinung. Das ist es nur für die materialistische Mythologie. Für den aber, der die geistigen Wesen durchweben und durchwallen sieht das materielle Dasein, für den ist es Wahrheit und Wirklichkeit, wenn der Mensch hinaufschaut und den Blitz sieht und den Donner hört und sich sagt: Jetzt denkt der Gott im Feuer, wie er sich uns verkündigen muss. Das ist der unsichtbare Gott, der das Universum durchwebt und durchwallt, der seine Wärme in dem Blitz und seine Nerven in der Luft und seine Gedanken in dem rollenden Donner hat.

GA 109, Seite 97-98

Liebe & Egoismus

Liebe & Egoismus

Eine zweite Grundkraft ist die Liebe. Niemandem fehlt sie, immer ist sie da, sie kann nicht ausgerottet werden. Wer glauben würde, daß der größte Hasser, der größte Egoist keine Liebe habe, ist im Irrtum. Das zu denken ist durchaus falsch. Die Liebessehnsucht ist immer und immer hier vorhanden. Mag es sich um Geschlechtsliebe handeln oder um Liebe zum Kinde, oder zum Freunde, oder um Liebe zu irgend etwas, zu einem Werke, immer ist sie da. Sie kann nicht aus der Seele herausgerissen werden, weil sie eine Grundkraft der Seele ist. Aber so wie der Mensch die Luft zum Atmen braucht, so braucht er das Liebeswerk, die Liebebetätigung für seine Seele. Ihr Gegner, ihre Behinderung, ist der Egoismus. Was tut aber der Egoismus? Er läßt die Liebe nicht hinauswirken, er preßt sie in die Seele hinein, immer und immer. Und wie beim Atmen die Luft ausströmen muß, damit der Mensch nicht ersticke, so muß die Liebe ausströmen, damit die Seele nicht ersticke an dem, was gewaltsam in sie hineingepreßt wird. Besser gesagt: die Seele verbrennt an dem eigenen Liebesfeuer in sich selbst und geht zugrunde.
GA 127, Seite 187

Liebe und Weisheit

Es ist ein wahres Wort: die Liebe ist das höchste Gut. Aber sie kann auch die unheilvollsten Folgen haben. Im alltäglichen Leben sieht man das, und ich erzähle hier ein Beispiel, das erlebt ist. Eine Mutter hat ihr Töchterchen sehr geliebt, und aus Liebe hat sie ihm alles hingehen lassen, was es auch getan hat. Sie hat es nie bestraft, hat ihm jede Laune erfüllt. Eine Giftmischerin ist das Töchterchen geworden, und aus Liebe ist es dies geworden. Liebe muß mit Weisheit gepaart sein, sie muß eine erleuchtete Liebe werden, dann erst kann sie wahrhaft gut wirken. Die theosophische Lehre ist berufen, ihr diese Weisheit zu bringen, ihr diese Erleuchtung zu geben. Und wenn der Mensch in sich aufgenommen hat, was über die Weltentwickelung, über dieses scheinbar so weit, so ferne Liegende gesagt und gelehrt wird, was über den Zusammenhang des Menschen mit dem Makrokosmos mitgeteilt wird, dann wird der Mensch so werden, daß seine erleuchtete Liebe sich dem Nebenmenschen gegenüberstellen wird, um in ihn hineinzusehen, ihn verstehen zu können, und so zur erleuchteten Menschenliebe zu werden. 

GA 127, Seite 187

ICH & Denken

ICH & Denken


Für das Ich ist es nicht gleichgültig, was das reine Denken tut, denn das reine Denken ist der Schöpfer des Ich.

GA 35 , Philosophie und Anthroposophie

Maschinen

Das hindert selbstverständlich nicht, aufmerksam zu sein auf diese Dinge, denn sie sind wichtig und wesentlich. Worauf ich aufmerksam machen will, ist, daß wir uns nicht selber benebeln sollen, daß wir klar sein müssen, daß äußerste Klarheit notwendig ist, wenn wir wirken wollen für die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft. Noch einmal will ich darauf hinweisen, daß der Menschheit bevorsteht in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum, hineinzukommen in eine besondere Behandlung großer Lebensfragen, die in einer gewissen Weise verdunkelt gewesen sind durch die Weisheit der bisherigen Zeit. Ich habe schon auf sie hingewiesen. Die eine große Lebensfrage kann damit bezeichnet werden, daß man sagt: Es soll versucht werden, das Geistig-Ätherische in den Dienst des äußeren praktischen Lebens zu stellen. - Ich habe Sie aufmerksam darauf gemacht, daß der fünfte nachatlantische Zeitraum das Problem wird lösen müssen, wie menschliche Stimmungen, die Bewegung menschlicher Stimmungen sich in Wellenbewegung auf Maschinen übertragen lassen, wie der Mensch in Zusammenhang gebracht werden muß mit dem, was immer mechanischer und mechanischer werden muß. Ich habe deshalb heute vor acht Tagen hier darauf aufmerksam gemacht, in welcher äußerlichen Weise von einem gewissen Teil unserer Erdoberfläche diese Mechanisierung genommen wird. Ich habe Ihnen ein Beispiel vorgeführt, wie aus amerikanischer Denkweise heraus versucht wird, das Maschinelle über das Menschenleben selber auszudehnen. Ich habe dieses Beispiel angeführt von den Pausen, die man ausnützen will, so daß, statt viel weniger Tonnen, bis gegen fünfzig Tonnen verladen werden können von einer Anzahl Arbeitern: man braucht nur das Darwinsche Selektionsprinzip wirklich ins Leben einzuführen. An solchen Stellen ist der Wille dazu vorhanden, die Menschenkraft zusammenzuspannen mit Maschinenkraft. Diese Dinge dürfen nicht so behandelt werden, als ob man sie bekämpfen müßte. Das ist eine ganz falsche Anschauung. Diese Dinge werden nicht ausbleiben, sie werden kommen.

GA 178, Individuelle Geistwesen und einheitlicher Weltengrund

Schweigen als Verbrennungsprozess

Schweigen als Verbrennungsprozess

Man lebt in dem lebendigen Denken für das Ätherische. Man lebt in dem nicht von uns in Bewegung gesetzten, sondern durch den Logos erleuchteten Prozess, der sonst nur in der physischen Luft beim Sprechen lebt, auf der zweiten Stufe. Auf der dritten Stufe muss man etwas erkennen, was das Gegenbild eines Zerstörungsprozesses im physischen Leben der Erde ist. Da muss man jetzt nicht nur durch eine Steigerung des Denkens, durch eine in die Stille hinein erfolgende Steigerung des Sprachvermögens, sondern da muss man durch eine Verinnerlichung desjenigen, was vorgeht, wenn wir als Menschen hier auf der Erde etwas tun, zu der dritten Stufe gelangen. Man muss sich nur klar sein darüber, dass mit «Tun» dabei nicht bloß gemeint ist das äußere physische Tun. Wir tun auch etwas, wenn wir bloß innerlich in Gedanken arbeiten, denn auch da entfaltet sich der Wille. Alles das, wodurch der Mensch sich zur Aktivität aufrafft, sei es ein innerlicher, sei es ein äußerer Prozess, verfließt im Tun und nicht im bloßen Leiden. Aber jedes Mal, wenn ein solches Tun erfolgt, selbst wenn es nur erfolgt im Denken, das eine Initiative hat für Aktivität, erfolgt in ihm ein physischer Prozess. So wie im physischen Denken ein Gehirnprozess erfolgt, wie im physischen Sprechen ein modifizierter Atmungsprozess erfolgt, so erfolgt bei einer solchen in die Tat, in die Handlung überfließenden Willensinitiative ein innerlicher Prozess, ein Prozess, den wir vergleichen können mit jener Vernichtung materiellen Wesens, die wir in allen Verbrennungsprozessen gewahr werden. Sehen wir, wie eine Flamme die Kerzensubstanz zerstört, so sehen wir - ich will jetzt nicht auf irgendwelche feinere chemische Position eingehen, sondern eben nur in populärer Weise auseinandersetzen, was als sinnlich-physischer Vorgang angeschaut werden kann und soll -, wir sehen da, ganz gleichgültig, ob das sich metamorphosiert und in anderes, mehr Unsichtbares hineinverschwindet, wie die Flamme, wie das Verbrennen die Konstitution des Materiellen vernichtet. Solche Prozesse, wo etwas erfasst wird von etwas Ähnlichem, wie von der Flamme die Kerzensubstanz, solche Vorgänge sind es immer, wenn Willensinitiativen in uns vor sich gehen, jene dunklen Prozesse des Willens, die der Mensch sonst im gewöhnlichen Bewusstsein verschläft, zu denen er nicht hinuntersieht. Er weiß nichts davon, was geschieht zwischen der Absicht, die er für die Handlung einer Handbewegung hat, und dem Heben der Hand. Er weiß nicht, wie die Absicht, die im Gedanken lebt, hineinschießt in die Muskeln und dann die Hand zum Heben bringt. Er sieht erst wiederum die Entfaltung in der sich bewegenden Hand. Aber was dazwischen liegt, ist ein verbrennungsähnlicher Prozess. Nur haben wir innerhalb des menschlichen Organismus nicht die Möglichkeit, so zu sprechen, wenn wir durch ein höheres Geistiges diesen Verbrennungsprozess anschauen, der der materielle Prozess ist für die menschliche Willensentfaltung. Wenn wir diesen Verbrennungsprozess verfolgen, haben wir nicht die Möglichkeit, da festzustellen, dass nur Materie umgewandelt wird, sondern es kommt dabei auf die Vernichtung derjenigen Prozesse an, die erst angefacht werden, indem der Mensch sich der gewöhnlichen Ernährung unterzieht. Alle diejenigen physischen verbrennungsähnlichen Prozesse, welche sich abspielen als die Grundlage der Willensentfaltungen, alle diese Prozesse, die eben, wie gesagt, verbrennungsähnlich sind, spielen sich ab zwischen der Fortsetzung des Ernährungsvorganges und der Blutbildung. Wo wir das Blut sich bilden sehen, sehen wir in diese verbrennungsähnlichen Prozesse hinein. Da sehen wir aber auch hinein, wie innerhalb dieser verbrennungsähnlichen Prozesse der menschliche Wille sprüht und kraftet. Wir sehen in einen absteigenden materiellen Prozess hinein. Da sehen wir, zunächst populär gesprochen, wie Materie verschwindet. Aber da können wir etwas Ähnliches gewahr werden, wie wir es bei einer sorgfältigen Meditation gewahr werden, wenn wir von dem äußerlich angeregten Denken übergehen zu dem innerlich bewegten Denken. Wir haben dann im innerlich bewegten Denken etwas, was wir eben erst durch unsere eigene Aktivität gewahr werden. Wir haben in dem tiefen Schweigen der Seele etwas, was hinter unserem physischen Atmungsprozess steckt und aus der geistig-seelischen Welt hereintönt in dem entgegengesetzt Negativen als der aus dem Schweigen heraustönende Logos. Wir kommen aber auch hinter diejenigen Prozesse, die als Verbrennungsprozesse in unserem Organismus wirken, wenn wir dasjenige schauen können, was in unserem Organismus dahinter ist, wenn wir schauen können, wie eben in dem Zerstören, in dem Entwickeln der Verbrennungen in unserem Organismus der Weltenwille wirkt: So wie die Kraft des Logos hinter der Atmungskraft des äußerlich hörbaren Wortes, so sprüht hinter dieser Verbrennungskraft, die fortwährend an unserem Organismus wirkt, die schöpferische Kraft des Weltenwillens, der in uns hereinwirkt. Lernen wir im modifizierten Atem, der aus unserem Kehlkopf zum äußerlich hörbaren Worte sich entwickelt, das dahinterliegende Geistige kennen, das aus dem tiefen Schweigen heraus in entgegengesetzter Richtung der physischen Worte kommt, so aber, dass wir es nicht herauslassen dürfen über den Kehlkopf, lernen wir dieses Geistige kennen, das uns gegenwärtig macht die schweigsame, aber deshalb doch deutlich sprechende Stimme des Weltenlogos, so nehmen wir wahr in all den verbrennungsähnlichen Prozessen, die wir schauen können innerhalb unseres Organismus, den in ihnen flutenden und wellenden Weltenwillen, an dem wir selber teilnehmen; nicht den Schopenhauerschen gedankenlosen Willen, sondern einen überall vom Geiste sprühenden und durchsetzten Willen. Wir fühlen einen vierten Menschen nun in uns. Wir fühlen überall da, wo im physischen Organismus Verbrennungsprozesse, Prozesse des Abbaues walten, schöpferische Prozesse. Wir fühlen uns in der schöpferischen Welt drinnen. Und in dieser schöpferischen Welt werden wir nun gewahr alles das, was in uns selber schöpferisch ist.

GA 84, Seite 123ff

Das Schweigen der Seele


Während sich der Mensch durch Gewöhnung in seinem physischen Leib feststehend auf der Erde fühlt, empfindet er in dem Erleben im Ätherischen eine gewisse Unsicherheit seines eigenen Daseins. Er fühlt sich hinausgehoben über die physische Welt und noch nicht fest begründet in der geistigen Welt. Dieses Fest-begründet-Sein in der geistigen Welt tritt aber ein, wenn von dem strebenden Menschen das erreicht wird, was ich gestern hier genannt habe: das tiefe Schweigen der Seele. Der Mensch muss dahin kommen, diejenige Kraft, die er sonst braucht als eine modifizierte Atemkraft, in Gemäßheit dessen, was ich in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» beschrieben habe, nicht dazu zu verwenden, um im Atmungsprozess die äußeren Worte der äußeren Sprache erstehen zu lassen, sondern er muss das, was in Worten überfließen will, zurückhalten. Aber er muss dennoch innerlich jene Tätigkeit entfalten, die sonst in die Worte ausfließt, er muss die innerlichen Anstrengungen machen, wie sonst zum Lautreden, und dadurch muss er zum innerlichen Schweigen gelangen. Und wenn die Seele nicht nur bis zum Schweigen gleich Null kommt, sondern noch unter das Schweigen gleich Null hinuntergeht zu dem negativen Schweigen, zu dem, was unter das Niveau des Schweigens im Erleben hinuntersinkt, wenn wir uns gleichsam nicht selbst übertönen in unserem Geistigsein durch die Kräfte, die in den Atem hineinwollen, indem gesprochen wird, und wir dennoch innerlich den Impuls zum Sprechen entwickeln, aber das Sprechen zurückhalten, bevor es den Kehlkopf ergreifen will, wenn wir das Sprechen also zurückhalten und dennoch innerlich die Sprachfähigkeit entwickeln, so gelangen wir nicht bloß zu einer innerlichen Stille, sondern zu etwas, was eben das tiefe Schweigen der Seele ist. Zu diesem tiefen Schweigen der Seele gelangen wir, das sich zu der Entfaltung der Sprache, der Worte, die äußerlich in der physischen Welt ertönen, nicht nur so verhält, wie die Null, sondern wie die negative Größe. Dann tönt aus diesem tiefen Schweigen heraus das, was uns die geistige Welt, was uns, um ein altes Wort zu gebrauchen, der Logos aus dem Universum herein offenbaren will. Dann sprechen nicht wir, dann sind wir das Instrument geworden, durch das der Logos hier spricht. Und dann werden wir gewahr unseren eigenen astralischen Leib in uns und jene astralische Welt, von der ich gestern gesprochen habe.

GA 84, Seite 115-116

Wissenschaft & Geisteswissenschaft

Wissenschaft & Geisteswissenschaft

Geisteswissenschaft will Wissenschaft sein. Wissenschaft führt immer weg von der menschlichen Individualität, wenn sie auch gerade verständlich macht auf sittlichem und sozialem Gebiete das Individuelle, wenn sie auch da gerade anregt die Quellen der individuellen Impulse. Aber als Wissenschaft selbst, als Erkenntnis, macht sie den Menschen selbstlos, führt weg von der Individualität, führt in dasjenige, was umfassend, universell ist. Jedoch der Mensch braucht zu seinem vollen Menschtum stets, daß er zum Übersinnlichen ein unmittelbar individuelles Verhältnis habe, ein Verhältnis, das er unmittelbar subjektiv ausleben kann. Der Mensch braucht nicht nur den Zusammenhang mit der übersinnlichen Welt, so wie die Wissenschaft, die Geist-Wissenschaft ihn bieten kann, der Mensch braucht den Zusammenhang durch Kultus, Sakramentales und so weiter mit den Religionsstiftern und all der realen, äußeren sinnenfälligen Entwickelung durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte hindurch, die sich an die Religionsstifter und an die äußeren Offenbarungen anhängen. Geisteswissenschaft wird dasjenige, was da lebt, im äußeren Kultus, was lebt in den äußeren Bekenntnisformen, Geisteswissenschaft wird es geistig vertiefen, wird zeigen, wie das sich übersinnlich in der Sinnenwelt Offenbarende sich ausnimmt, wenn man es mit der übersinnlichen Erkenntnis durchdringt. Geisteswissenschaft wird so den Menschen in wahrhaft modernem Sinne vorbereiten, religiöse Bedürfnisse zu haben. Aber diese religiösen Bedürfnisse können nicht anders befriedigt werden, als indem man hinschaut auf die alten Religionen. Es war merkwürdigerweise ein katholischer Kardinal, Newman, der bei seiner Antrittsrede in Rom (als frisch eingekleideter Kardinal) das Wort ausgesprochen hat, das sonderbare Wort, er sehe für die katholische Kirche kein anderes Heil als eine neue Offenbarung. – Der katholische Kardinal zeigte damit bloß, daß er die seitherige Stellung des Menschen zu der alten Offenbarung nicht einnehmen kann, denn er verkündete gerade das, was durch die Geisteswissenschaft heraufkommen soll. Geisteswissenschaft weiß, daß die Begründung von Religionen etwas ist, was ganz bestimmten Zeitaltern angehört, die hinter uns liegen, daß im Christentum sich zusammengefaßt hat synthetisch dasjenige, was in den übrigen Religionen verteilt war, daß das Christentum als religiöse Form in gewissem Sinne der Abschluß der religiösen Formen ist, daß man nicht im Sinne des Kardinals Newman auf eine neue Offenbarung zu warten hat, sondern daß man nur lichtvoller diejenige Offenbarung in neuerem Sinne, in höherem Sinne umgestaltet verstehen kann, die im Christentum als Religion unter anderen religiösen Offenbarungen aufgetreten ist Denn worauf es ankommt in der Menschheitsentwickelung, das ist, daß die Art und Weise, sich zur religiösen Offenbarung zu stellen, mit der Zeit sich ändert, daß neue innere Grundlagen geschaffen werden müssen. Diese neuen inneren Grundlagen werden gerade für den heutigen Menschen und seine Forderungen, die allerdings für viele noch unbewußt bleiben, gerade durch die Geisteswissenschaft geschaffen. Und diejenigen, die sich aus der offiziellen Vertreterschaft dieses oder jenes Religionsbekenntnisses heraus fürchten oder wenigstens angeben, sich zu fürchten, daß Geisteswissenschaft die Menschen irreligiös machen könnte, die sollten sich vor allen Dingen einmal fragen, ob sie nicht viel mehr beitragen zur Irreligiosität der Menschen als diese Geisteswissenschaft, die im Gegenteil die Menschen gerade im rechten, wahren Sinne wiederum zum religiösen Leben zurückführen wird. Derjenige, der dieses religiöse Leben als Kirchenbekenntnis auf einer bestimmten Stufe zurückhalten will, der nicht will, daß hereindrängt das, was aus der neuen Seelenlage der Menschen notwendigerweise hereindrängen muß, der ist viel mehr ein Gegner der Religion, auch wenn er im Priesterkleide auftritt, als derjenige, der sich fragt: Wie kann der Mensch bei seinem vertieften Inneren auch jenen Zug wiederum in seiner Seele entwickeln der ihn zum Verständnis des religiösen Lebens hinführt? – Geisteswissenschaft ist keine Religionsstiftung; sie ist Wissenschaft vom übersinnlichen Leben. Aber indem sie dieses ist, führt sie den Menschen auch zur Vertiefung derjenigen Instinkte, die gerade das religiöse Leben, das zurückgegangen ist unter der bloßen äußeren Naturerkenntnis, die gerade dieses religiöse Leben in den verschiedensten Formen wiederum in der Menschheit lebendig und fruchtbar machen wird.

GA 72, Seite 411ff

Über den Mars

Über den Mars


Allerdings, wenn man sich das so vorstellt, wie sich zumeist heute die Menschen die Planeten vorstellen, daß sie ebensolche feste Körper wie die Erde seien, dann könnte man schon erwarten, wenn sie mit der Erde zusammenkommen werden, daß sie alle lebenden Wesen auf der Erde überall anschlagen! Aber das wird nicht der Fall sein, denn die Planeten haben nicht dieselbe Festigkeit wie die Erde selber. Wenn der Mars zum Beispiel wirklich herunterkommen würde und sich mit der Erde vereinigen würde, dann würde er selber nicht das feste Land verheeren können, sondern er würde nur die Erde überschwemmen können. Denn der Mars besteht, soweit man dieses untersuchen kann - man kann ja diese Dinge eigentlich niemals mit bloß physischen Instrumenten untersuchen, sondern man muß da schon die Geisteswissenschaft, das geistige Schauen zu Hilfe nehmen -, wenn man sich also einläßt darauf, den Mars wirklich kennenzulernen, so besteht er vor allem aus einer mehr oder weniger flüssigen Masse, nicht so flüssig wie unser Wasser, aber, sagen wir, wie Gelee und solche Dinge. Also in dieser Weise ist er flüssig. Er hat allerdings auch feste Bestandteile, aber diese sind auch nicht so wie die auf unserer Erde, sondern sie sind so, wie etwa die Geweihe oder Hörner bei Tieren sind. Sie bilden sich heraus aus unserer Erdenmasse, und bilden sich auch wiederum zurück. So daß wir natürlich beim Mars eine ganz andere Beschaf- fenheit annehmen müssen, als diejenige unserer Erde ist.

GA 354, Seite 159/160
(Vorträge für die Arbeiter am Goetheanumbau)


NASA-Bilder vom Mars

http://mars.nasa.gov/msl/multimedia/raw/?s=1104&camera=MAST_
 

Gedankenleben

Gedankenleben

Während wir uns bemühen, hier in der physischen Welt, zu dem Dinge, das wir sehen, einen Gedanken hinzuzufinden, müssen wir in der geistigen Welt, weil uns der Gedanke in Hülle und Fülle zur Verfügung steht, den Gedanken auslöschen, wegschaffen; dann treten uns die Wesen entgegen. Wir müssen Herr werden über den Gedanken, dann treten uns die Wesen entgegen. Und diese Kraft, Herr zu werden über den Gedanken, den Gedanken gewissermaßen aus unserem Gesichtsfelde herauszuwerfen, damit das Wesen uns entgegentritt im Meere der flutenden Gedankenwelt, diese Kraft erhalten wir dadurch, daß uns, als herrlicher Ausgangspunkt unseres geistigen Lebens nach dem Tode, der Anblick des Sterbens, des Todes selbst entgegentritt, der unser Lehrer wird im Auslöschen. Denn der Tod wird für uns nach dem Tode der Lehrer des Auslöschens, der Anreger jener Willenskräfte, durch die wir im flutenden Lichtmeere die Gedanken auslöschen müssen. Was ist denn nun eigentlich dasjenige, was wir da vollziehen? Es ist eine Tätigkeit, durch die wir uns Platz schaffen, daß die Hierarchien an uns herantreten können. Wir schaffen uns Platz. Unser Wesen ist dann ja über die ganze Welt ausgebreitet – auf diese Dinge haben wir schon wiederholt hingedeutet. – Wir schaffen uns Platz, indem wir diese Hohlstellen schaffen, so daß das, was objektiv ist, uns post mortem, also nach dem Tode, erscheinen kann. Niemals kann uns etwas objektiv in der geistigen Welt erscheinen, wenn wir unser eigenes Wesen in die geistige Welt hineintragen. Nur dann können wir das andere erkennen in der geistigen Welt, wenn wir für die Stelle, wo das andere erscheinen will, unser eigenes Wesen, unsere eigene Wesenheit auslöschen, und das geschieht auf diese Weise.
Das ist, innerlich charakterisiert, der Prozeß, der nun auch nötig ist, wenn man herangelangen will an den Toten in der Weise, wie ich Ihnen das gestern am Schlusse des Vortrages dargestellt habe, wo das Bedürfnis vorhanden war, die Möglichkeit zu gewinnen, den Toten selber sprechen zu lassen, den Toten selber sich aussprechen zu lassen. Dann muß man versuchen, da wo der Tote ist, sich selber wegzuschaffen, sein eigenes Denken und sein Fühlen wegzuschaffen, und wo man das weggeschafft hat, da treten aus den Tiefen des Seins heraus die Impulse, die uns ohne unseren Willen die Worte in den Mund legen, die dann kommen müssen, wenn wir das objektive Wesen eines nicht im physischen Leibe verkörperten Menschen ausdrücken wollen.

Rudolf Steiner - GA 161, Seite 132f

Geschichtsbetrachtung

Geschichtsbetrachtung

Man muß, wenn man Geschichte studiert, einen Sinn dafür haben, Symptomatologie zu treiben, das heißt, vieles von dem, was heute als Geschichte genommen wird, nur als Symptom aufzufassen für manches, was viel tiefer dahinterliegt, was wirklich die geistige Strömung ist, die diese Symptome nur trägt. Und so kommt dasjenige, was in den Tiefen der Menschheitsentwicklung ist, tatsächlich auch symptomatisch in diesen oder jenen Zeitkrankheiten zum Vorschein.

Rudolf Steiner - GA 73a, Seite 240

Einsicht & Studium

Einsicht


Dem aber, der studirt, um Einsicht zu erlangen, sind die Bücher und Studien bloß Sprossen der Leiter, auf der er zum Gipfel der Erkenntniß steigt: sobald eine Sprosse ihn um einen Schritt gehoben hat, läßt er sie liegen. Die Vielen hingegen, welche studiren, um ihr Gedächtniß zu füllen, benutzen nicht die Sprossen der Leiter zum Steigen, sondern nehmen sie ab und laden sie sich auf, um sie mitzunehmen, sich freuend an der zunehmenden Schwere der Last. Sie bleiben ewig unten, da sie Das tragen, was sie hätte tragen sollen.


Arthur Schopenhauer
Die Welt als Wille und Vorstellung - Seite 1255/1256

http://www.schopenhauer-web.org/textos/MVR.pdf

Idee & Knechtschaft

Idee & Knechtschaft 

Man muss sich der Idee erlebend gegenüberstellen können;
sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.

Die Philosophie der Freiheit (GA 4)

Schaffendes Licht


Schaffendes Licht

Von dem schaffenden Lichte sprechen die Gnostiker, die ägyptischen Mystiker, die Mystiker des Mittelalters. Sie nennen es das Äonenlicht. Es ist ein Licht, welches vom Mystiker aus die Gegenstände um ihn her zu lebendigem Leben erweckt. Das ist das Pleroma der Gnostiker. So fühlt sich der Mystiker in dem Weltenlicht beseligt. Er fühlt sich beseligt verwebt mit diesem Aonenlicht. Da ist er nicht getrennt von der Wesenheit der Dinge; da ist er teilhaftig der unmittelbaren Schöpferkraft. Das ist, was der Mystiker als seine Beseligung in dem schöpferischen Lichte bezeichnet. Die Vedantaweisheit bezeichnet die Weltenweisheit als Chit, aber die Beseligung, wo der Mystiker untertaucht in die Dinge, wo die Seele ganz mit den Dingen verschmilzt, bezeichnet die Vedantalehre als Anända. Chit ist Welten Weisheit, Anända die Weisheit, die unmittelbar mit dem Äonenlicht verschmilzt, die eins sich fühlt mit dem die Welt durchleuchtenden All-Licht. Diese Stimmung bezeichnet der Kusaner als «Docta ignorantia». So wie der Mensch die Erfahrung machen kann, daß er verschmilzt mit dem Äonenlichte zu dem Pleroma, so kann er auch verschmelzen mit dem kosmischen Weltgedanken. Dann fühlt er die Weltgedanken in seinem eigenen Innern auftönen. Wenn der Mensch gewahr wird den Gedanken, der das Gesetz zum Dasein bringt in den Dingen, und dies als eigenes Gesetz in sich aufquillen fühlt, dann tönen die Dinge in ihrem eigenen Wesen in seiner Seele wider, daß er intim mit den Dingen wird, wie der Freund mit dem Freunde intim wird. Dieses Wahrnehmen der ganzen Welt bezeichneten die Pythagoräer als Sphärenharmonie. Das ist das Widerklingen des Wesens der Dinge in der eigenen Seele des Menschen. Da fühlt er sich vereinigt mit der Gotteskraft. Das ist das Hören der Sphärenharmonie, des schaffenden Weltgesetzes; das ist das Verwobensein mit dem Sein der Dinge, das ist das, wo die Dinge selbst reden, und die Dinge sprechen durch die Sprache seiner Seele aus ihm selbst heraus. Dann hat er erreicht, wovon der Kusaner sagt, daß keine Worte fähig sind, dies auszudrücken. Das Seiende ist das Gesehene. Das drückt nicht die erhabene Existenz aus, welche als Prädikat den Dingen zukommt, wenn der Mystiker sich in der tiefsten Weise mit den Dingen vereinigt. Diese erhabene Existenz ist das Sat der Inder.

Rudolf Steiner - Über Philosophie, Geschichte und Literatur(GA 51), Seite 214/215

Furcht, Haß, Liebe...

Furcht ist unterdrückter

Furcht, Haß, Liebe...


Zweierlei sollten wir während unserer okkulten Schulung versuchen, ganz zu vermeiden. Wir sollen niemals einen anderen verletzen, weder durch die Tat, noch in Gedanken und Worten, und sollen auch nicht die Entschuldigung gelten lassen, daß wir nicht die Absicht gehabt haben, einen Menschen zu verletzen. Es bleibt sich ganz gleich, ob wir es mit oder ohne Absicht getan haben. Das andere ist das Gefühl des Hasses, das ganz aus unseren Empfindungen schwinden muß, sonst tritt es im Gefühl der Furcht wieder hervor; denn Furcht ist unterdrückter Haß! Umwandeln müssen wir den Haß in das Gefühl der Liebe, der Liebe zur Weisheit.

Rudolf Steiner -  GA266a, Seite 452

Gesellschaft

Gesellschaft

Was die Anthroposophie der Menschheit bringen soll, sind neue Erkenntnisse, neue Wahrheiten. Aber eine Gesellschaft kann niemals - und am allerwenigsten in unserer Zeit - auf irgendwelche besonderen Wahrheiten eingeschworen werden. Die Frage wäre die allerunsinnigste: Welchen Glauben habt ihr Anthroposophen? - Unsinnig ist sie dann, wenn man unter «Anthroposophen» einen Menschen meint, der zur Anthroposophischen Gesellschaft gehört; denn man würde dabei voraussetzen, daß eine ganze Gesellschaft eine gemeinsame Überzeugung, ein gemeinsames Dogma haben würde. Das kann nicht sein. In dem Augenblick, wo eine ganze Gesellschaft - statutengemäß - auf ein gemeinsames Dogma schwören müßte, hörte sie auf eine Gesellschaft zu sein, und es würde die Sektiererei beginnen. Hier haben wir die Grenze, wo eine Gesellschaft aufhört, eine Gesellschaft zu sein. In dem Augenblick, wo ein Mensch verpflichtet würde, eine von der Gesellschaft geforderte Überzeugung zu haben, hätte man es mit einer Sektiererei zu tun.

Wiederverkörperung und Karma - GA 135, Seite 47f Rudolf Steiner (GA 135)

Kama und Initiation

Kama und Initiation

Wenn Thaies erklärt, alles sei aus dem Wasser entstanden, so meint er damit in Wahrheit die allumfassende physische Materie. Wir haben es da zu tun mit dem Wasser als physische Materie. Diese physische Materie soll das Maßgebende werden bei denjenigen, die jetzt die Lenkung der Menschheit übernehmen: die weltlichen Könige. Vorher gab es nur Könige, die mit dem Göttlichen in Zusammenhang standen. Peleus ist der König, der herrschen soll auf dem physischen Plan, aus dem physischen Plan selbst die Kraft ziehend. Das wurde in den Mysterien als Mythe dem Volke dadurch dargestellt, daß erzählt wurde: Peleus vermählte sich mit der Meergöttin Thetis. Wir haben es da zu tun mit der Ehe der Menschheitsführung mit der Materie des physischen Planes. Thetis ist die Göttin des Wassers, des Meeres. Und derjenige, der dieser Ehe entsprießt, ist Achilleus. Achilleus ist der erste Initiierte von dieser Art. Er ist daher unverwundbar, bis auf die Ferse. Alle Initiierten der vierten Unterrasse sind noch verwundbar an irgendeiner Stelle. Erst am Ende der fünften Unterrasse wird es so weit fortgeschrittene Initiierte geben, daß sie gar nicht mehr verwundbar sind. Achilleus ist in den Styx getaucht, daß heißt er ist allem Irdischen abgestorben und auf einen höheren Plan entrückt. Da haben Sie einen wichtigen Abschnitt in der Menschheitsentwicklung. In der Mitte der vierten Unterrasse steigt zuerst das spirituelle Leben herab, da haben wir erst Initiierte des physischen Planes. Damit tritt etwas ganz Besonderes auf. Die früheren Weltenlenker waren kamafrei, sie waren ohne Begierden, sie mußten alles Kamische durch die verschiedenen vorhergehenden Inititionsstufen bis zur spirituellen Initiation abstreifen. Solange es Priester im alten Sinne gab, solange konnte unmöglich etwas von Kama in die Weltenlenkung einfließen. Kama aber bewirkt Sonderheit, Kama macht es möglich, daß die Menschen sich gegeneinander wenden. Früher gab es auch Kampf und Streit, aber die Menschen waren noch nicht so weit, um Gutes und Böses einander gegenüberzustellen. Streit und Krieg unter den damaligen Menschen darf man nicht mit unseren heutigen Maßstäben messen, man muß sie mit demselben Maße messen wie heute die Tierwelt. Man konnte nicht sagen, daß etwas gut oder böse sei, ebensowenig wie ein Löwe oder ein Tiger gut oder böse ist. Das wirkliche Böse fing erst an, als Manas sich mit Kama verband, so daß der Mensch durch Kama dirigiert wurde, und das führte dazu, daß die Menschen mit Bewußtsein gegeneinander kämpften.

Das esoterische Christentum

Das esoterische Christentum
und die geistige Führung der Menschheit

Die nächsten drei Jahrtausende werden dem gewidmet sein, daß die Christus-Erscheinung in der Ätherwelt wahrnehmbar sein wird. Nur denen, die ganz materialistisch fühlen, wird sie nicht zugänglich sein. Man kann materialistisch denken, wenn man nur die Materie gelten läßt und alles Geistige leugnet, oder auch dadurch, daß man das Geistige ins Materielle hinunterzieht. Man ist auch materialistisch da- durch, daß man Geistiges nur im materiellen Kleide gelten lassen will. Es gibt auch Theosophen, die Materialisten sind. Das sind diejenigen, die da glauben, daß die Menschheit dazu verurteilt ist, Christus wiederum in der physischen Gestalt sehen zu müssen. Nicht dadurch ist man nicht Materialist, daß man Theosoph ist, sondern dadurch, daß man einsieht, daß die höheren Welten auch dann da sind, wenn man sie nicht in einer sinnlichen Manifestation wahrnehmen kann, sondern man sich zu ihnen hinauf entwickeln muß, um sie wahr- zunehmen. Wenn wir uns dies alles vor die Seele führen, so können wir sagen: Es ist Christus der eigentliche moralische Impuls, der die Menschheit mit moralischer Kraft durchzieht. Der Christus-Impuls ist Kraft und Leben, die moralische Kraft, die die Menschen durchzieht. Aber diese moralische Kraft muß verstanden werden.
GA 130, Seite 118

Ich bin Ich

Ich bin Ich (das erste Ich überall das zweite Ich im Innern)


Es lebt die Menschenseele in sich geschlossen, in sich verdichtetes Geisteslicht tragend wie helles Licht, das in eine Scheibe einge- schlossen ist. Der Menschenseele gegenüber ist die ganze Welt. Unbekannt dunkel wie das Blau des Himmels. Doch kommt das Unbekannte. Die Menschenseele muß das Kommen fühlen, wie die Auslöschung ihrer Selbst.
Wenn die Selbstauslöschung gefühlt ist, dann kommt das Recht, aus der aufgenommenen Außenwelt sich neu zu schaffen:Ich bin Ich.


Seelenübungen I - GA 3 - Seite 425

Intellekt

Intellekt

Es ist ja richtig: im Intellekt sind die Menschen seit dem fünfzehnten Jahrhundert furchtbar weit gekommen. Dieser Intellekt hat etwas schauderhaft Verführerisches, denn im Intellekt halten sich alle Menschen für wach. Aber der Intellekt lehrt uns gar nichts über die Welt. [...] Man steht durch den Intellekt in keiner objektiven Verbindung mehr mit der Welt. Der Intellekt ist das automatische Fortdenken, nachdem man von der Welt längst abgeschnürt ist.

Rudolf Steiner, Pädagogischer Jugendkurs, GA 217, S. 37.