Einsicht & Studium

Einsicht


Dem aber, der studirt, um Einsicht zu erlangen, sind die Bücher und Studien bloß Sprossen der Leiter, auf der er zum Gipfel der Erkenntniß steigt: sobald eine Sprosse ihn um einen Schritt gehoben hat, läßt er sie liegen. Die Vielen hingegen, welche studiren, um ihr Gedächtniß zu füllen, benutzen nicht die Sprossen der Leiter zum Steigen, sondern nehmen sie ab und laden sie sich auf, um sie mitzunehmen, sich freuend an der zunehmenden Schwere der Last. Sie bleiben ewig unten, da sie Das tragen, was sie hätte tragen sollen.


Arthur Schopenhauer
Die Welt als Wille und Vorstellung - Seite 1255/1256

http://www.schopenhauer-web.org/textos/MVR.pdf

Idee & Knechtschaft

Idee & Knechtschaft 

Man muss sich der Idee erlebend gegenüberstellen können;
sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.

Die Philosophie der Freiheit (GA 4)

Schaffendes Licht


Schaffendes Licht

Von dem schaffenden Lichte sprechen die Gnostiker, die ägyptischen Mystiker, die Mystiker des Mittelalters. Sie nennen es das Äonenlicht. Es ist ein Licht, welches vom Mystiker aus die Gegenstände um ihn her zu lebendigem Leben erweckt. Das ist das Pleroma der Gnostiker. So fühlt sich der Mystiker in dem Weltenlicht beseligt. Er fühlt sich beseligt verwebt mit diesem Aonenlicht. Da ist er nicht getrennt von der Wesenheit der Dinge; da ist er teilhaftig der unmittelbaren Schöpferkraft. Das ist, was der Mystiker als seine Beseligung in dem schöpferischen Lichte bezeichnet. Die Vedantaweisheit bezeichnet die Weltenweisheit als Chit, aber die Beseligung, wo der Mystiker untertaucht in die Dinge, wo die Seele ganz mit den Dingen verschmilzt, bezeichnet die Vedantalehre als Anända. Chit ist Welten Weisheit, Anända die Weisheit, die unmittelbar mit dem Äonenlicht verschmilzt, die eins sich fühlt mit dem die Welt durchleuchtenden All-Licht. Diese Stimmung bezeichnet der Kusaner als «Docta ignorantia». So wie der Mensch die Erfahrung machen kann, daß er verschmilzt mit dem Äonenlichte zu dem Pleroma, so kann er auch verschmelzen mit dem kosmischen Weltgedanken. Dann fühlt er die Weltgedanken in seinem eigenen Innern auftönen. Wenn der Mensch gewahr wird den Gedanken, der das Gesetz zum Dasein bringt in den Dingen, und dies als eigenes Gesetz in sich aufquillen fühlt, dann tönen die Dinge in ihrem eigenen Wesen in seiner Seele wider, daß er intim mit den Dingen wird, wie der Freund mit dem Freunde intim wird. Dieses Wahrnehmen der ganzen Welt bezeichneten die Pythagoräer als Sphärenharmonie. Das ist das Widerklingen des Wesens der Dinge in der eigenen Seele des Menschen. Da fühlt er sich vereinigt mit der Gotteskraft. Das ist das Hören der Sphärenharmonie, des schaffenden Weltgesetzes; das ist das Verwobensein mit dem Sein der Dinge, das ist das, wo die Dinge selbst reden, und die Dinge sprechen durch die Sprache seiner Seele aus ihm selbst heraus. Dann hat er erreicht, wovon der Kusaner sagt, daß keine Worte fähig sind, dies auszudrücken. Das Seiende ist das Gesehene. Das drückt nicht die erhabene Existenz aus, welche als Prädikat den Dingen zukommt, wenn der Mystiker sich in der tiefsten Weise mit den Dingen vereinigt. Diese erhabene Existenz ist das Sat der Inder.

Rudolf Steiner - Über Philosophie, Geschichte und Literatur(GA 51), Seite 214/215

Furcht, Haß, Liebe...

Furcht ist unterdrückter

Furcht, Haß, Liebe...


Zweierlei sollten wir während unserer okkulten Schulung versuchen, ganz zu vermeiden. Wir sollen niemals einen anderen verletzen, weder durch die Tat, noch in Gedanken und Worten, und sollen auch nicht die Entschuldigung gelten lassen, daß wir nicht die Absicht gehabt haben, einen Menschen zu verletzen. Es bleibt sich ganz gleich, ob wir es mit oder ohne Absicht getan haben. Das andere ist das Gefühl des Hasses, das ganz aus unseren Empfindungen schwinden muß, sonst tritt es im Gefühl der Furcht wieder hervor; denn Furcht ist unterdrückter Haß! Umwandeln müssen wir den Haß in das Gefühl der Liebe, der Liebe zur Weisheit.

Rudolf Steiner -  GA266a, Seite 452